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2019/2020

Saisonchroniken > 2010er Jahre
 

Eine wegweisende Saison?

So viel Spaß die Saison 2018/19 auch gemacht hatte, sie endete wieder mit einem Aus in der ersten Playoff-Runde. Wie sehnten sich die Fans endlich nach etwas mehr Erfolg und einem längeren Verbleib in den Ausscheidungsspielen. Die neue Saison 2019/20 wollte man endlich einmal über das Viertelfinale hinaus genießen. Doch dafür brauchte man auch wieder eine neue, schlagkräftige Mannschaft.

Auf der Trainerposition war ja alles klar. Christof Kreutzer hatte schließlich noch Vertrag und auch die Personalie Felix Bick durfte man schnell abhaken. Nach seinem „Fehltritt" beim Wechsel nach Frankfurt entschied sich der gebürtige Schwenninger zügig für einen Verbleib bei den Roten Teufeln. Schon kurz vorher hatte mit Marc El-Sayed, ein Kind der Wetterau, seinen Wechsel von Schwenningen nach Bad Nauheim bekannt gegeben.

Der April hielt - neben der Vermeldung, dass auch Marvin Ratmann in Bad Nauheim bleibe - eine fast unglaubliche Nachricht parat: Der EC erhielt tatsächlich von der DEL2 den Zuschlag für die Ausrichtung eines Event-Games im Dezember. Im Offenbacher Fußballstadion sollte das Heimspiel gegen die Löwen aus Frankfurt unter freien Himmel stattfinden und – so hoffte man – mit über 20.000 Zuschauern dem EC eine satte Einnahme bescheren. Doch bis Dezember war es eine verdammt lange Zeit und vieles konnte noch geschehen, bis hin zu der Tatsache, dass die Löwen sich im Sommer klammheimlich in die DEL einkaufen würden. Möglich, denn die Löwen hatten ihre Unterlagen wieder sowohl  für DEL2 auch für das Oberhaus eingereicht. Ohne die Löwen als Zuschauergarant, das machte die Nauheimer Führung aber sofort klar, wollte man das Risiko Winter-Derby keinesfalls eingehen. So bekam auch Dresden die Zusage für das geplante Winter Open-Air im Januar 2020. Offiziell hieß es natürlich, dass beide Konzepte voll überzeugt hätten und deshalb die Saison gleich zweimal mit einem Freiluft-Spektakel ausgestattet werden solle. Möglich aber auch, dass die DEL2 nicht plötzlich ganz ohne Eventgame da stehen wollte…


 
 
 
 

Im Frühjahr kehrte der Fokus der Fans erst mal wieder auf die Zusammenstellung der neuen Mannschaft zurück. Jan Guryca meldete sich nach Limburg ab; Karriereaus als Profi! Dafür kam zur Freude alle EC-Anhänger Andreas Pauli von Tölz zurück und auch Zach Hamill verlängerte als erster Konti seinen Vertrag. Garret Pruden wählte den anderen Weg; er nahm eine Chance wahr, in die DEL zu wechseln, wo Ingolstadt ihm einen Vertrag anbot. Schade aus Nauheimer Sicht, denn der Nachwuchsspieler aus dem eigenen Lager durfte – wie sich später zeigt – größtenteils nur beim Kooperationspartner Kaufbeuren auflaufen und wechselte dann sogar zum Ligakonkurrenten Freiburg. Bad Nauheim hätte ihn zu diesem Zeitpunkt wohl auch gut gebrauchen können…

Und es gab weiter Neuigkeiten: Die Kölner Haie wurden neuer Kooperationspartner und nach dem Abgang von „Legenden-Sohn" Pruden, kam der Nachwuchs einer anderen Verteidigerlegende ins Team. Aaron Reinig – sein Vater „Eishockey-Gott" Dale, spielte vor über 20 Jahren in Bad Nauheim – unterschrieb einen Kontrakt. Mit der Entscheidung in der Meisterschaft 2019, Frankfurt verlor das Finale gegen Ravensburg, gaben auch die Sylvester-Brothers ihre Zukunftspläne bekannt. Cody blieb ein weiteres Jahr in der Kurstadt, Dustin hingegen beendete seine aktive Laufbahn und stieg in einen Familienbetrieb ein. Letzteres wurde allenthalben sehr bedauert.

Im Mai kamen weiter Verpflichtungen hinzu. Marcel Kahle verlängerte und Köln nominierte seine potentiellen Leihgaben für die Teufel – es waren Torwart Bastian Kucis, die Verteidiger Simon Gnyp und Colin Ugbekile sowie die Stürmer Erik Betzold, Robin Palka, Dani Bindels, Nicolas Cornett und Mick Köhler. Sein Namensvetter Leon aus dem Nauheimer Nachwuchs durfte sich auch darauf freuen, eine Lizenz als Nachwuchsspieler zu erhalten. Mit Andrej Bires verlängerte überraschend ein Stürmer, den man schon als Abgang gesehen hatte und aus Düsseldorf kam DEL-Spieler Manuel Strodel, dessen Bruder ja auch schon kurzfristig das EC-Trikot getragen hatte.

Nicklas Heyer und Huba Sekesi unterschrieben im Juni und der dritte Konti wechselte von den Red Bull Hockey Juniors aus Salzburg an die Usa. Der erst 20jährige Finne Jesper Kokkila sollte trotz seiner Jugend die Abwehr organisieren. Kreutzer traute ihm den Job zu, aber zweifellos stellte diese Verpflichtung ein gewisses Risiko dar, denn der Finne wurde zum jüngsten Kontingentspieler der Liga.

Im Hintergrund liefen andere Aktivitäten in der GmbH-Führung. Zum einen wurden mit der Gründung einer Winter-Derby-Event Game GmbH schon Fakten für das Winter-Derby geschaffen und zum anderen wandelte man die GmbH in eine GmbH & Co KG. Für den symbolträchtigen Betrag von 1946€ hatten sich Kommanditisten eingekauft und trugen ab sofort Mitverantwortung in der Eishockey-Cracks Bad Nauheim GmbH & Co KG. Und auch die Sponsoren-Akquise lief wieder auf Hochtouren. Kein Zweifel, der EC wollte in dieser Saison einen großen Schritt nach vorne machen; sie sollte nach Wunsch der Verantwortlichen sowohl sportlich als auch wirtschaftlich wegweisend für eine bessere Zukunft werden. Andreas Ortwein wollte nicht nur die Finanzausstattung stärken, sondern auch das Image des Nauheimer Eishockeys auf einen neuen Level hieven: nicht zuletzt, um den Boden für eine neue Eis-Arena zu bereiten. Die Chancen dafür schätzten viele für gar nicht schlecht ein, da die Stadtväter auf mehreren Veranstaltungen eine positive Tendenz erkennen ließen. Bis Ende des Jahres, so wurde versprochen, sollte eine Machbarkeitsstudie Möglichkeiten aufzeigen; spannende Monate lagen also vor dem EC und seinen Anhängern…

Als am 22. Juli der öffentliche Ticketverkauf für das Winter-Derby startete, gabt es bei einigen Fans lange Gesichter. Die besten Plätze waren schon fast alle weg, verkauft an die Dauerkartenbesitzer, denen ein Vorkaufsrecht eingeräumt worden war. Tickets gab’s von 17,90€ (Stehplatz) bis 214,20€ (Bruttopreis für ein VIP-Ticket Gold). Ein normaler Sitzplatz kostete immerhin 59,90€ auf der Haupttribüne und 39,90€ hinter dem Tor. Stolze Preise, und dennoch schnellten die Verkaufszahlen rasant in die Höhe. Die Strategie schien also voll aufzugehen, doch gab es zu bedenken, dass mindestens 12.500 Eintrittskarten auch abgesetzt werden mussten, um zumindest die Unkosten zu decken; erst was über die 13.000 Besucher hinaus ginge, würde wirklich Gewinn bedeuten.

Als letzte Kontingentspieler wurde der Kanadier Tyler Fiddler verpflichtet. Er kam aus der dänischen Metal-Ligaen und wurde gerade Meister mit Rungsted Seier Capital. Die Mannschaft stand also und Anfang August konnte sich Christof Kreutzer endlich voll auf das Sportliche konzentrieren. Nach dem Sommer- und Krafttraining, startete fast schon traditionell die Vorbereitung auf dem Eis in Limburg-Dietz. Mit dabei auch noch einmal Jan Gurcya, doch ohne Ambitionen in irgendeiner Weise als Backup für die Teufel bereitzustehen.

Das Trainingslager in Dornbirn/Österreich gab Gelegenheit sich ausgiebig kennenzulernen. Während der erste Test gegen die Bulldogs mit einer knappen 3:4-Niederlage endete, knackte zuhause der Winter-Derby-Kartenverkauf die 10.000-Marke. Zwei weitere Spiel am 23. und 24. August wurden gegen Herne und Crimmitschau gewonnen. Mit den Siegen holten sich die Roten Teufel den Pokal in einem kleinen Turnier, veranstaltet vom Herner EV.

 
 

Erstliga-Luft durften die Fans gegen die Kölner Haie schnuppern; seit langem gastierte wieder einmal ein DEL-Club im CKS und gewann 2:4. Ein akzeptables und vor allem sehr respektables Ergebnis für den Zweitligisten. Noch zwei Vorbereitungsspiele standen gegen Li an. Sie verliefen nicht unbedingt so wie von den Fans erhofft, denn in Freiburg verlor der EC mit 5:4 und zuhause gegen Aufsteiger Landshut mussten die Teufel ebenfalls mit 4:5 nach Verlängerung kapitulieren.

 
 

Doch viel schlimmer als die letzten Niederlagen wog eine Verletzung. Aaron Reinig verdrehte sich in Bayreuth sein Knie ohne Einwirkung eines Gegners so unglücklich, dass er in die Kabine getragen werden musste. Wie sich später herausstellte, war der Kreuzbandriss eine Verletzung, die ihn für die komplette Saison ausschalten sollte. Tragisch, denn Reinig hatte tolle Leistungen in der Vorbereitung gezeigt. Ohne ihn war die Abwehr eines belebenden Elements beraubt. Seine Schlagschüsse sollten fehlten und auch abträglich für das Powerplayspiel der Roten Teufel sein, denn es fehlte nun sehr an der Durchschlagskraft. Als Ersatz wurde Ex-Löwe Mike Card getestet. In Heilbronn war er schon im Tryout durchgefallen und auch in Bad Nauheim reichte es nicht, um zu überzeugen – zunächst jedenfalls. Kreutzer musste handeln, da die Defensive an Qualität und Quantität verloren hatte. So funktionierte der Düsseldorfer Stürmer Huba Sekesi kurzerhand zum Verteidiger um.

Am Freitag, dem 13. September, startete endlich die neue Saison. Dem EC stand ein Hammerprogramm bevor, denn zum Auftakt durfte man zwar zuhause antreten, jedoch hieß der Gegner Bietigheim Steelers. Danach ging es zum „Angstgegner" Kaufbeuren bevor gleich das erste Hessenderby gegen Frankfurt im CKS steigen sollte. Ein Null-Punkte-Start war da nicht völlig ausgeschlossen, doch sollte es anders kommen. Bietigheim wurde mit 3:2 nach Penalty-Schießen bezwungen und auch Frankfurt zwang man nach Verlängerung in die Knie. Nach einem desaströsen ersten Drittel, in dem die Löwen bereits mit 2:5 geführt hatten, drehte man richtig auf und erspielte sich ein 6:6-Unentschieden nach 60 Minuten. Den Siegtreffer in der zweiten Minute der Overtime erzielte Tyler Fiddler auf Zuspiel von Cody Sylvester und Jesper Kokkila; eine Co-Produktion der Kontis also, die die Fans in einen kollektiven Freudentaumel versetzte.

In Kaufbeuren hatte man erwartungsgemäß 6:3 verloren, wieder einmal… doch ungeachtet dessen ging es nun steil bergauf mit den Roten Teufeln. Bereits nach dem fünften Spieltag standen sie auf Platz 3 der Tabelle. Noch glaubte niemand, dass dies eine Tabellenregion sei, in der man sich auf Dauer halten könne und es sah bald ganz so aus, als behielten die Pessimisten Recht. Der siebte, achte und neunte Spieltag brachte ernüchternde Ergebnisse. Dem 0:5 zuhause gegen Kassel – eine echte Demütigung, folgte eine 6:2-Klatsche in Dresden, das bis dato noch keinen Sieg eingefahren hatten. Als es dann gar ein 1:7-Debakel im CKS gegen Heilbronn gab, fragten sich viele, in welche Krise der EC da nur hinein geschlittert sei.

Platz 3 war durch diese kleine Negativserie natürlich futsch, doch Kreutzer sprach in der Pressekonferenz davon, dass er sehr positive Ansätze gesehen habe und der Club auf einem guten Wege sei. Aber bitte, Herr Kreutzer - was sollen solche Durchhalteparolen?, wunderten sich die Fans. Der Eishockey-Fachmann sollte aber Recht behalten. Nach diesen drei Schüssen vor den Bug, startete der EC nun so richtig durch. In den nächsten zehn Spielen wurde immer gepunktet und nur ein einziges Mal verließ man nicht als Sieger das Eis. Bad Tölz erzwang eine Verlängerung und netzte zum 2:3-Auswärtssieg ein.

Urplötzlich stand der EC auf Rang 2 der Tabelle. Unter den geschlagenen Vereinen war die Crème della Crème der DEL2. In Ravensburg gab es einen 2:3-Sieg, in Bietigheim ein tolles 0:2, in Frankfurt ein komplett unerwartetes 2:5 und in Kassel ebenfalls ein 2:3. Diese Siege waren allererste Sahne und der EC glänzte vor allem auswärts mit Spielwitz, Effektivität und stelle zu diesem Zeitpunkt das auswärtsstärkste Team der Liga. Stolz wie Bolle auf ihr Team, stellten die Fans beruhigt fest, dass inzwischen ein beruhigendes Polster zwischen den Kurstädtern und den ungeliebten Playdown-Rängen lag. Aber dahin wollte ja sowieso niemand mehr schielen. Selbst auf Platz 7 hatten die Roten Teufel schon einen ansehnlichen Vorsprung herausgeschossen und mit einem guten Schuss Schadenfreude blickte man auf Nachbar Frankfurt, der in dieser Phase so gar nicht in die Pötte kommen wollte. Die Löwen dümpelten irgendwo auf den Pre-Playoff-Rängen und drohten dort gar das Heimrecht zu verlieren.

 
 

Verkehrte Welt, aber SCHÖNE Welt! Hoffentlich hielt diese Hoch bis mindestens zum Winter-Derby an, denn das rückte immer mehr ins Blickfeld der Fans. So sehr die Vorfreude im Nauheimer Lager sich steigerte, um so schleppender gestaltete sich der weitere Kartenvorverkauf für dieses Spiel. Sollte sich der diesjährige Trend der schwindenden Zuschauerzahlen auch in diesem Event-Game fortsetzten? Waren in den ersten vier Wochen 10.000 Karten verkauft worden, so waren in den folgenden vier Monaten gerade mal 2500 Tickets an den Zuschauer gebracht worden. Im Klartext hieß dies: die Unkosten waren gedeckt – Gewinn bisher noch nicht erzielt! Dennoch machte man weiter auf Optimismus das Sparda-Bank-Hessen-Stadion ausverkauft zu sehen

 
 
 

Show-Acts und Rahmenprogramm wurden nun bekanntgegeben. Die Rockband Donots sollte vor den Spiel einheizen und in den Pausen russische und ukrainische Eisakrobaten ihre Künste vorführen. Aber es gab auch Gegenfeuer! Aus Frankfurt hörte man, dass sich ganze Fangruppen für einen Boykott stark machten; Offenbach gehe gar nicht und Bad Nauheim zu Geldsegen verhelfen – Nein Danke! Umso befremdlicher, dass nun auch eine eigene Fangruppe sich negativ über das Winter-Derby äußerte. Die Fanatics, sich selbst der „Ultra-Szene" zugehörig fühlend, bemängelten den Kommerz und die mangelnde Nachhaltigkeit für den Eishockey-Sport bei Event-Veranstaltungen dieser Art. Sie wollten nicht zum Gelingen beitrage und weder eine Choreografie noch stimmungsmäßig als Gruppe auftreten.

Unverständnis und Kopfschütteln war die allgemeine Reaktion auf diese Negativoffensive. Alle Gründe, die die Fanatics vorschoben, waren mehr als fadenscheinig und hatten nur zur Folge, dass dieser Fangruppe einiges an verbalem Kontra um die Ohren geschlagen wurde. Dafür fanden sich andere Gruppen und planten nun die Inszenierung einer Choreografie und die Übernahme der Stimmungsmache. Die Fanatics hatten sich mit ihrer Aktion eindeutig selbst ins Abseits manövriert. „Für ein ULTRA freies CKS" fand man daraufhin als ständige Fußnote von Forumsmitglied Claire Alexander… und ja, da ist etwas Wahres dran!

Nach dem sportlichen Hoch im Herbst begann Ende November der Alltag beim EC einzuziehen. Die Euphorie - seit Mitte Oktober kräftig gespeist - flachte zusehends ab. Nach der Siegesserie wechselten sich nun Erfolge und Rückschläge ab, sogar mit leichter Tendenz zum Negativen. Aber auch das hatte seine Gründe. Den EC erschütterte eine Welle von Verletzungen. Nicht weniger als drei der vier Kontingentspieler konnten durch längerfristige Ausfälle dem Team nicht weiterhelfen. Cody Sylvester und Tyler Fiddler traf es dabei gleich zweimal kurz hintereinander und Zach Hamill erlitt einen Handbruch, von dem man nicht wusste, wie lange er dauern würde.

Ein Lob jedoch an die EC-Führung. Sie reagierte unmittelbar und verpflichtete umgehend Ersatz für die Ausfälle. Kyle Gibbons kam nach dem Ausfall von Cody Sylvester, Jack Combs und Jared Gomes für Fiddler und Hamill. Auch die Abwehr war bereits verstärkt worden. Mike Card erhielt spät, aber doch für die restliche Saison, einen Vertrag. Das hatte gerade in Bad Nauheim auch schon ganz anders ausgesehen. Es gab Jahre, da saß man Verletzungen einfach aus mit der Begründung „es ist kein Geld da". Ortwein und Co aber fanden diesmal eine Möglichkeit die Finanzmittel aufzubringen; ein Beweis dafür, dass in dieser GmbH auch finanziell Hausaufgaben bemerkenswert gut erledigt wurden.

Da auch die Konkurrenz etwas schwächelte, geriet der EC trotz der mittelprächtigen Leistungen im Spätherbst nicht in die Bredouille. Man konnte sich in der Spitzengruppe der Liga halten und so kam es, dass am Tag des Winter-Derbys gar die kleine Kurstadt den Favoriten-Stempel für das anstehende Großereignis aufgedrückt bekam. Bad Nauheim als Tabellendritter trat gegen Frankfurt, zu diesem Zeitpunkt „nur" Tabellenachter und neun Punkte hinter den Teufeln stehend, als Favorit an. Für die einen ein klares Zeichen, dass auch das dritte Derby gegen die Löwen in dieser Saison gewonnen werde, für die anderen ein Menetekel, dass es diesmal schief gehen könnte.

Ungeachtet all dieser Spekulationen war die Vorfreude in der Kurstadt riesengroß. Das kleine Bad Nauheim hatte ein Mega-Event auf die Beine gestellt und war fest dazu entschlossen, dies für einen Imageschub des Vereins zu nutzen. Eine Live-Übertragung im Dritten Hessischen Fernsehprogramm garantierte einen überregionalen Empfang und noch immer hoffte man auch in der GmbH-Führung auf einen guten Zuspruch von neutralen Zuschauern an der Abendkasse. Bis zum Tag vor dem Spiel waren gerade mal knapp 15.000 Tickets verkauft. Eigentlich zu wenig, gemessen an dem Aufwand, den man betrieben hatte.

 
 

Aus der Wetterau pilgerten am 14. Dezember ganze Heerscharen gen Offenbach. In Bussen, Zügen, S-Bahnen und Privatautos machten sich über 11.000 Eishockey-Sympathisanten auf den Weg. Im Stadion waren die Plätze in den EC-Blöcken sehr gut gefüllt – auf der Frankfurt-Tribüne klafften allerdings große bis erschreckend große Lücken. Beschämend, denn nicht mal der normale Löwen-Zuschauer von knapp 5000 fand den Weg zu diesem Spiel. Die verkündete offizielle Besucherzahl von 15.146 Zuschauern stellt zwar für Bad Nauheim einen neuen Allzeit-Zuschauerrekord, doch die erhoffte 20.000-Marke wurde überdeutlich verfehlt. Gemessen an den bisherigen Zuschauerzahlen der DEL2-Event-Games, die immer auf mindestens 30.000 Besucher gekommen waren, war der Winter-Derby-Zuspruch doch sehr enttäuschend.

 
 

Mit dem Gedanken auf den Nachbarn aus Frankfurt zu bauen, hatte sich die GmbH-Spitze leider komplett verspekuliert…

Das Spiel brachte zwar viel Dramatik und Spannung aufs Eis und endete nach Penaltyschießen mit 2:3 für Frankfurt, doch selten kam die spielerische Klasse zu tragen, die man schon von beiden Clubs gesehen hatte. Und wenn sie doch einmal aufblitze, so sahen es meist nur die 60.000 Zuschauer an den Fernsehgeräten, denn zu weit war das Geschehen von den Rängen entfernt, als dass auch alle Raffinessen und Tricks hätten verfolgen können. Auch die erwartete Stimmung brauchte lange, bis sie sich einstellte. Ohne Dach verpuffte viel und die weiträumige Sportarena verlangte weitaus mehr Anstrengungen, um den Funken auf alle überspringen zu lassen. Erst Mitte des zweiten Drittels gab es streckenweise Gänsehautfeeling bei einem minutenlangen abwechselnden Fan-Gesang zwischen Steh- und Sitzplatztribüne. Die Fanatics wurden jedoch in keiner Weise vermisst…

Resümee: Organisation perfekt gelungen, ein Ergebnis mit dem man leben konnte und ein doch leicht enttäuschender Besuch (zumindest von Seiten der gegnerischen Fans) – auch wenn man das offiziell nie so hörte. Aber dennoch war es beste Imagewerbung für das Kurstadthockey, denn Bad Nauheim bekam viel Lob und Schulterklopfen für die Ausrichtung dieses Event-Games! Vom Rahmenprogramm, über die Choreografie bis hin zum abschließenden Feuerwerk… der Kleinstadtverein hatte sich hervorragend präsentiert und sportlich hatte sich nichts geändert. Der EC blieb Tabellendritter, Frankfurt auf Rang 8.

Die restlichen Spiele des Jahres 2019 waren in gewisser Weise ein Spiegelbild dieses Winter-Derbys. Sportlich konnte man sich nicht wirklich profilieren, jedem Sieg folgte unmittelbar auch eine Niederlage und hauptsächlich die Auswärtsbegegnungen verliefen nun enttäuschend. War man im November noch zum stärksten Auswärtsteam aufgestiegen, so verlor man jetzt wieder fast regelmäßig in fremden Stadien. Sicher, noch immer fehlten mit Sylvester, Hamill und Fiddler drei der vermeintlich wichtigsten Leistungsträger, doch dies wollte niemand als Begründung für den Durchhänger gelten lassen. Die neuverpflichteten Kontingentspieler hatten anfangs gut eingeschlagen, waren dann aber von Spiel zu Spiel immer mehr abgetaucht, sodass die Nichtverlängerung des Vertrages von Kyle Gibbons niemand wunderte. Er ging in die Oberliga, wo er sicher besser aufgehoben war als in der DEL2.

Objektiv musste man aber auch einige andere Spieler, die als Leistungsträger verpflichtet worden waren, bis dato aber noch weit hinter den Erwartungen zurücklagen, kritisieren. Dazu gehörten ganz sicher Manuel Strodel und zu diesem Zeitpunkt auch Marc El-Sayed, die beide als gestandene DEL-Spieler zum EC gewechselt waren. Auch Kokkila war nicht der Überflieger. Er spielte zwar keineswegs schlecht, aber für einen Konti und Chef der Defensive, doch zu unauffällig.

Am zweiten Weihnachtstag hatte man endlich wieder einmal ein Feiertags-Heimspiel. Die Kassel Huskies kam zum Hessenderby ins CKS. Es wurde zum einzigen Highlight der „Englischen Wochen" rund um den Jahreswechsel. Nach einem durchaus gelungenen Match behielt der EC mit 2:1 die Oberhand über den Tabellenführer, setzte aber danach nicht nur das Spiel in Dresden komplett in den Sand, sondern vergeigte auch das letzte Spiel des Jahres in Kaufbeuren. Noch sechs Minuten vor der Schlusssirene hatte man 1:2 geführt, unterlag aber in der letzte Minute mit 4:2… Sehr ärgerlich klang somit dieses Eishockey-Jahrzehnt aus, denn diese Niederlagen waren komplett unnötig. Das stete Auf und Ab hatte die Konkurrenz stark aufrücken lassen. Rang 3 war mit der Niederlage im Allgäu dahin. Sowohl Frankfurt mit zwei Punkten Rückstand als auch die Towerstars aus Ravensburg mit 3 Punkten Rückstand waren dem EC dicht auf den Pelz gerückt. Zu den Pre-Playoffs waren es vier und zu den Playdowns noch zehn Punkte… Wo waren die guten Zeiten des Herbstes geblieben?

Prosit Neujahr! Die letzten Böller waren gerade verklungen, als man im CKS schon wieder zum Puckspiel bat. Ein überaus wichtiges Match stand an, wollte man oben dran bleiben, denn der Gegner war Tabellenzweiter Heilbronn. Doch auch im neuen Jahr gab es in Sachen Punkte von den Falken nichts Neues. 1:2, und damit ohne Zählbares, endete das sehr gut besuchte Spiel vor über 2800 Zuschauern. Viele Chancen, aber erst 44 Sekunden vor Schluss gab es das herbeigesehnte Erfolgserlebnis. Zu spät, denn die beiden Falkeneier waren dem einen teuflischen Ding eben eins über. Gleich am Sonntag drauf sollte es die Möglichkeit der Revanche geben. Niemand rechnete hier mit einem Erfolg, aber Eishockey ist eine verrückte Sportart und so holten sich die Teufel die drei verlorenen Punkte vom Freitag sonntags zurück. Fast sensationell siegten die Kurstädter mit 4:1 und festigten erst einmal den fünften Tabellenplatz.

Der Jubel in Bad Nauheim dauerte gerade mal drei Tage, als eine andere Neuigkeit die Begeisterung über den Sieg schon wieder relativierte. Trainer Christof Kreutzer hatte seinen Vertrag in der Wetterau nicht verlängert und sollte nach dem Saisonende nach Schwenningen als Sportlicher Leiter wechseln. Das brachte schon einige lange Gesichter. Im Stillen hatten viele gehofft, der Glücksgriff von 2018 würde noch eine weitere Runde an sein Badestadt-Engagement dranhängen. Aber wenn die DEL ruft…

 
 

Ortwein und Baldys verbreiteten unisono Optimismus und versprachen, dass Kreutzer sich mit aller Energie bis zu seinem Ausscheiden weiter für den EC einbringen würde. Selbstverständlich, meine Herrn; etwas anderes wäre ja auch nicht von diesem Mann zu erwarten gewesen! Kreutzer hatte bis dato nur 1,5  Spielzeiten die Roten Teufel trainiert, sich in diesen Monaten aber mit Leidenschaft, Professionalismus und Fachkenntnis einen Platz in den Annalen des Nauheimer

 
 

Eishockeys erarbeitet. Neben den ganz Großen seiner Gilde, wie Ladislav Olejnik und Ricki Alexander, war man drauf und dran auch Christof Kreutzer schon hier einzureihen…

Die Stimmung bei den Fans aber kippte recht schnell. Denn bis Ende Januar sank die Leistungskurve eklatant. Nur sechs magere Pünktchen holte der EC aus den drauffolgenden sechs Spielen. Heimniederlagen gegen den direkten Konkurrenten Bad Tölz und den Tabellenletzten Crimmitschau zeigten sehr deutlich die Grenzen des immer kleiner werden Kaders auf. Stiefenhofer hatte überraschend den Abgang nach Ravensburg gemacht, Strodel den Weg nach Frankfurt gewählt und verbal sogar nachgetreten, er hätte sich in Bad Nauheim nie wohlgefühlt. Auch Gomes hatte keine Vertragsverlängerung erhalten, da man fest mit der Rückkehr von Hamill und Fiddler in den nächsten Tagen rechnete. Doch der Einsatz der beiden vermeintlichen Rekonvaleszenten verzögerte sich noch immer. Zu allem Überfluss wurde in der Eishockey-News davon berichtet, dass Kreutzer schon im engen Kontakt mit den Schwenninger Verantwortlichen an der neuen Mannschaft für die kommende Saison bastele, gerüchteweise unter ihnen auch Goalie Felix Bick, den man genauso wie Andrej Bires, in Bad Nauheim wohl nicht halten könne! Das alles in Verbindung mit den inzwischen schwachen spielerischen Leistungen brachte viele Fans auf die Palme; ganz besonders als Andreas Ortwein trotz der offensichtlich erkennbaren Krise in einem großangelegten Interview auf der Homepage eine vielleicht etwas überzogen positive Zwischenbilanz zog.

Irritierend lange stand Bad Nauheim nun schon auf einem direkten Playoff-Rang, was aber weniger auf eigenem Erfolg beruhte, sondern zum Großteil aus gegenseitigem Punktklau der anderen Teams resultierte. Nauheim zehrte noch immer von der herausragenden Zählerausbeute des Herbstes. Die Tabelle rückte Spieltag für Spieltag dichter zusammen. Seit Jahren hatte es das nicht mehr gegeben. Vom Tabellenvierten Frankfurt bis zum Tabellenneunten Dresden waren es am 41. Spieltag gerade mal drei Punkte. Bad Nauheim hatte auf den ersten Playdown-Rang nur noch elf Punkte Vorsprung, oder anders ausgedrückt: im schlimmsten Fall konnten sie innerhalb von nur 10 Tagen von einem sichergeglaubten Playoff-Platz auf den bedrohlichen Rang 11 abrutschen.

Das war schon einmal ganz anders gewesen. Im November lagen einmal über 20 Punkte zwischen den Roten Teufeln und den „Underdogs". Das bedrohliche an der Lage: Sollten Playoffs und sogar Pre-Playoffs verpasst werden, so drohte eine nervenaufreibende Abstiegsrunde, denn auch die Teams der hintersten Tabellenränge punkteten in diesen Tagen weitaus besser als die Rote Teufel. Das Schreckgespenst Abstieg zwängte sich trotz der aktuell noch immer guten Tabellenplatzierung plötzlich in die Köpfe pessimistisch gestimmter Fans. Was so ein überraschender Abstieg mit sich bringen kann, konnte man nur zu gut am Beispiel Rosenheim erkennen. Sie dümpelten seit drei Jahren in der Oberliga herum und waren 2017 auch sensationell aus der DEL2 ausgeschieden.

Gedanken wie diese spukten vielen Fans im Hinterkopf. Im Forum kam es (wieder einmal) zu heftigen und unschönen Verbalattacken, diesmal gegen Noch-Trainer Christof Kreutzer. User „Claire Alexander", eigentlich ein langjähriges und durchaus anerkanntes Forums-Mitglied, forderte vehement Kreutzers sofortigen Rücktritt, da dem Team anzusehen sei, dass er die Spieler nicht mehr erreichen könne. Doch auch die folgenden Partien schlängelte sich der EC mit sporadischen Punktgewinnen und regelmäßigen Verlusten durch die DEL2. Gleich dreimal hintereinander konnte man die Gegner nach Verlängerung bzw. Penaltyschießen schlagen, verlor aber auch deutlich in Frankfurt und der Lausitz. Eigentlich blieb alles wie gehabt: Nauheim wurschtelte sich irgendwie durch, verbreitete keinerlei Glanz, verblieb aber permanent unter den Top 6.

Genau der richtige Zeitpunkt, dass auch endlich wieder einmal eine gute Nachricht aus Bad Nauheim ihre Runde machte: Felix Bick unterschrieb vorzeitig für die kommende Saison und widerlegte damit die Gerüchte mit Kreutzer nach Schwenningen zu wechseln. Damit hatten jetzt in der Tat wirklich die wenigsten gerechnet. Endlich wieder mal ein Zeichen, dass es doch auch noch Positives vom EC zu berichten gab.

Wie gesagt, genau der richtige Zeitpunkt, denn die Hauptrunde ging so langsam zu Ende. Noch genau fünf Spieltage und in den nächsten beiden Spielen sollten mit Weißwasser und Ravensburg ganz wichtige Begegnungen anstehen. Bei zwei Siegen wäre eine drohende Playdown-Teilnahme definitiv vom Tisch und das Horrorszenario á la Rosenheim nicht mehr möglich. Groß war die Erleichterung, als man am 16. Februar nach fünf Wochen endlich wieder mal einen „Dreier" holte und die Lausitzer mit 5:1 schlagen konnte. Doch schon am nächsten Spieltag gab es gegen den Tabellennachbarn Ravensburg wieder die Ernüchterung. Mit 1:2 unterlag man nach Penaltyschießen und hätte doch so dringend die drei Punkte benötigt.

Noch drei Spiele… und immer noch war nicht klar, ob die Abstiegsrunde vermieden werden konnten. In Freiburg sollte ein erneuter Versuch gestartet werden, zumindest die nötigen Zähler zum Klassenverbleib zu holen. Wie schon oft in dieser Saison waren es auch diesmal die Mitkonkurrenten, die Bad Nauheim ein Geschenk machten. Die Kurstädter selbst verloren sang und klanglos in Freiburg mit 6:3, aber dennoch ließ auch die Konkurrenz Punkte liegen und so war es an diesem Abend klar: Die Playdowns würden 2020 ohne den EC Bad Nauheim ablaufen.

Wenn man nun dachte, mit diesem „psychologischen Befreiungsschlag" im Hinterkopf sollte der Knoten doch endlich platzen, so hatte man sich erneut getäuscht. Auch die beiden letzten Spiele in Bad Tölz und zuhause gegen Kaufbeuren wurden verloren. In der Endabrechnung rutschte der EC nach so langer Zeit doch noch auf Platz 7 ab und hatte somit erstmals in seiner Geschichte ein Pre-Playoff zu bestreiten.

Die Frage, ob diese Platzierung als ein Erfolg oder ein Misserfolg zu werten sei, wurde in den sozialen Medien klar beantwortet. Niemand hielt diesen siebten Tabellenplatz für eine gelungene Saisonleistung. Überall war der Frust über den  katastrophalen Leistungsabfall nach Weihnachten zu spüren. Schuldzuweisungen an Trainer Kreutzer, der sich zu früh gedanklich von Nauheim verabschiedet und seinem neuen Arbeitgeber Schwenningen zugewandt haben sollte, aber auch übelste Beschimpfung der Kontingentspieler, deren Leistung im Vergleich zu denen anderer Clubs als unterirdisch eingestuft wurden, machten die Runde. Hochgelobt wurde hingegen das „goldenen Händchen" des neuen Freiburger Sportdirektors Daniel Heinritzi bei der Auswahl seiner „Ausländer". Dass man genau jenen Mann vor einigen Jahren für eine andere Misere in Bad Nauheim verteufelte und ihm jeden Eishockey-Sachverstand abgesprochen hatte, war längst schon wieder vergessen. Ein Beispiel, das wiederum eindrücklich belegt, wie man im Sport argumentiert: rein emotional, statt rational.




 
 
 
 

Richtig war allerdings, dass das, was die Roten Teufel gegen Ende der Hauptrunde aufs Eis brachten, keinen Spaß mehr bereitete und meilenweit von den im Herbst gezeigten Leistungen entfernt war. Letztendlich stand man völlig zu Recht nicht in den Playoffs und niemand rechnete auch ernsthaft mit einem Überleben der Vorausscheidung gegen die Dresdner Eislöwen. Gerade diese Mannschaft hatte die letzten Jahre schon mehrfach bewiesen, dass sie in der Lage war auf den letzten Drücker den Erfolgsschalter umlegen zu können und von aussichtsloser Position einen begeisternden Endspurt hinlegen konnte.

„Am Freitag muss es scheppern!" so die Ankündigung von Co-Trainer Harry Lange auf dem Fantreffen am 3. März 2020, drei Tage vor dem Pre-Playoff-Start. Damit hatte er wohl recht, denn es war nach den verkorksten Wochen und Monaten die letzte Chance auf einen versöhnlichen Abschluss dieser Saison. Bei einem Weiterkommen winkte ein Viertelfinale gegen die Kassel Huskies und somit auf eine wirtschaftlich lukrative Playoff-Runde.

Dann aber kam der erste PPO-Spieltag und Bad Nauheim lag schnell hinten. Das 1:4 nach dem 2. Drittel sprach Bände! Gescheppert hat es leider nicht, auch wenn der Doppelschlag zum 4:5 acht Minuten vor Schluss noch einmal Hoffnung machte. Doch es blieb bei der Heimniederlage, die die Eislöwen am Sonntag durch eine weitere 8:3-Klatsche zum Sweep in den PPO ausbauten. Was den Teufeln blieb, waren lange Gesichter, Frust und der leere Trost, dass mit Bietigheim auch der Achtplatzierte sein Heimrecht versemmelte. Dresden und Kaufbeuren zogen in die Runde der besten acht DEL2-Teams ein, während Bad Nauheim nun ausgiebig Zeit hatte seine Wunden zu lecken…

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Das also war die Saison 2019/20. Die Frage, ob sie wirklich – wie der Titel dieser Chronik anfangs mutmaßte - eine wegweisende Spielrunde war oder nicht, kann man heute mit einem klaren NEIN beantworten. Anfangs wäre man sicher geneigt gewesen, diese Frage positiver zu beantworten. Sportlich und wirtschaftlich lief es top, die Aussichten auf ein neues Stadion wurden plausibel vermittelt und die Ausrichtung des Winter-Derbys eröffnete völlig neue Image-Perspektiven. Nun, nachdem die Runde gespielt ist, relativiert sich das Ganze doch schon erheblich. Irgendwie hat man das Gefühl, der EC Bad Nauheim habe sich mit der verkorksten 2. Saisonhälfte selbst ein Bein gestellt. Sportlich gab es spätestens zum Jahreswechsel einen krassen Absturz, der viele verprellte. Die Publikation der versprochenen Machbarkeitsanalyse für ein neues Stadion liegt seitens der Stadt derzeit leider immer noch auf Eis und man hört auch drei Monate nach angekündigtem Veröffentlichungstermin von der GmbH nichts außer Hinhalteparolen. Das Winter-Derby war zwar eine schöne Sache, verpasste aber dennoch angesichts der niedrigen Zuschauerzahl und der Boykotts durch Fangruppen sowie Gästefans den ganz großen Wurf. Finanziell kam nicht das große Plus zustande, wie man es sich erhofft hatte, ergab aber wenigstens auch kein Minus. Nach vorne gebracht hat man in der GmbH allerdings die Breite der finanziellen Unterstützung, sowohl was die neuen Kommanditisten als auch was Anzahl und Qualität des Sponsorings angeht.
Sicher, man kann natürlich einzelne, nackte Fakten aus dieser Saison herauspicken, wie beispielsweise

  • Platz 7 nach der Hauptrunde,

  • Bester Zuschauerschnitt von 2736 Besuchern pro Spiel (inkl. PPO & Winter-Derby)

  • 44 Spieltage auf einem Top-6 Platz

  • Höchste Einnahme an Sponsorengeldern

  • überregionale Präsenz im öffentlichen TV beim Winter- Derby


und dann zu dem Schluss kommen, es war eine durchaus positive Spielzeit. Doch damit würde man sich ganz gehörig selbst in die Taschen lügen. Alles in allem zählt diese Saison angesichts großem Frust und tiefgreifender Enttäuschung gegen Ende eher zu den emotional schlechteren Runden der vergangenen 74 Jahren seit Bestehen des Nauheimer Eishockeys.

 
 

Die Frage wird sein, was machen wir, was macht der EC aus dieser Saison? Redet man sich wieder glücklich oder zieht man die richtigen Konsequenzen? Wird die Stadionfrage zur Zufriedenheit gelöst? Finden wir nach dem Abgang von Christof Kreutzer einen Trainer, der Mannschaft wie Anhänger mitreißen und hier wieder für Aufbruchsstimmung sorgen kann? Wird es gelingen, die sportliche Misere in der Offensive endlich zu lösen und kann der EC beim kommenden Anlauf in der neuen Saison – es wird mit der 75. Spielrunde eine Jubiläumssaison sein – seine verprellten Anhänger wieder für sich gewinnen? Wohin gehen langfristig die Zuschauerzahlen, wenn die „Zugpferde" Frankfurt und Kassel sich nun, da der Aufstieg zur DEL wieder möglich sein wird, aus unserer Liga verabschieden sollten? Selbst in diesem Jahr hat der Rekordbesuch von 15.146 Zuschauern beim Winter-Derby letztendlich keine signifikante Steigerung der Gesamtzuschauerzahl gebracht. Im Vergleich zum Vorjahr war es lediglich eine Steigerung um knapp 200 Zuschauer pro Spiel.

 
 

Wenn man auf das bisherige Rekordjahr 2015/16 schaut, sind es gerade mal 130 Besucher pro Spiel mehr, und das trotz des Riesenaufwands Winter-Derby. Das alles ist schon etwas ernüchternd. In Bad Nauheim muss man wohl mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Tatsachen bleiben, darf nicht abheben und von Dingen träumen, die nicht realistisch sind.

Die Fans aber möchten genau das: Tolle Perspektiven und träumen von guten Zeiten, wo der EC Bad Nauheim eine echte Größe im deutschen Eishockey darstellt. Nun, manchmal macht es ja auch schon Spaß auf die glorreiche Vergangenheit zu schauen. Um dies ausführlich möglich zu machen, plant die GmbH ja seit geraumer Zeit zum Jubiläum wieder ein neues Buch über Eishockey in Bad Nauheim herauszubringen. Dass wir mit einem kleinen Redaktionsteam schon seit Monaten dran sind dieses Buch zu erstellen, ist keine neue Nachricht. Wann es fertig sein wird? Hm, mal schauen… Aber das erfahrt ihr sicherlich rechtzeitig über alle möglichen EC-Kanäle. Für mich stellt sich dann nur die Frage, ob ich mit der vorliegenden Art von Saisonchroniken auf meiner Webseite weitermachen soll oder nicht. Das Buch wird sicherlich einen anderen Stil haben als meine bisherigen Chroniken. Kürzer, prägnanter, moderner… „nicht so textlastig", wie einer meiner Mitstreiter immer wieder betont und es soll nach Wunsch von Andreas Ortwein mehr Anekdoten aus vergangenen Zeiten beinhalten. Das ist OK für mich, solange es beim Käufer/Leser gut ankommt. Dass es insgesamt wieder ein tolles Buch mit interessanten Informationen, Hammer-Fotos und sehr ansprechendem Layout geben wird, steht für mich schon jetzt außer Frage.

Warten wir also einfach ab, wie sich alles in der Zukunft gestaltet und gehen mit dem frommen Wunsch in die Sommerpause, dass immer alles besser wird…

 
 

19. März 2020

 
 
 
 
 
 

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