Tecks Spielwiese

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2013/2014

Saisonchroniken > 2010er Jahre
 

Spätes Happy End

 
 

Als die letzte Saison endete, dämmerte eine rosarote Zukunft am Bad Nauheimer Eishockey-Horizont. Es schien als wäre die ganze Wetterau in ein rotweißes Glücksgefühl getaucht. Brad Millers Tor in Kassel und der damit verbundene Meisterschaftsschrei war allgegenwärtig, wenn irgendwo das Thema Eishockey angesprochen wurde. Die Saison 2012/2013 hatte mit durchschnittlich 2284 Zuschauern pro Spiel einen neuen Rekordwert für die Nach-Koal-Ära erreicht und es gab absolut keinen Grund zu befürchten, dass in der kommenden Spielrunde der Besucherschnitt schlechter ausfallen würde. Jedem, auch der neuen/alten Geschäftsführung unter Andreas Ortwein, war klar selbst ohne die Derbys gegen Frankfurt und Kassel würden die EC-Fans die so lange herbeigesehnte Zeitligasaison mit offenen Armen annehmen. Eine Perspektive wie sie nicht besser sein konnte…

 
 


800 verkaufte Dauerkarten waren im Vorfeld dieser Saison ein bemerkenswertes Dankeschön der Fans an die vergangene Spielzeit mit der überraschenden Oberliga Meisterschaft

Und man nutzte die Gunst der Stunde auch sogleich. Ein sehr ehrgeiziges Ziel für den Dauerkartenverkauf wurde ausgegeben. 700 Saisontickets wollte man in diesem Sommer an den Fan bringen. Eine solch stolze Zahl konnte man bisher noch nie veräußern aber die Euphorie tat das ihre und so schossen die Verkaufszahlen täglich in die Höhe. Die Webseite tickerte den Absatz und die ständig steigenden Zahlen spornten auch Wankelmütige an ihre Saisonkarte zu ordern. Viele wollten damit schlichtweg ihren Dank für die Meisterschaft ausdrücken und durch den Kauf Vertrauen in den EC dokumentieren.
Geschickt setzte die Geschäftsführung immer wieder neue Impulse um die Kauflust der Fans nicht abebben zu lassen. Zunächst kam am 4. Mai die Nachricht, dass der Meister-Coach auch das neue Zweitligateam aufstellen und trainieren würde. Frank Carnevale war inzwischen nichts weniger als Nauheims Eishockey-Gott, der Unmögliches möglich machte. Ihm traute die Teufelsgemeinde einfach alles zu, auch wenn man auf der Führungsebene nur den Klassenerhalt als Saisonziel ausgab.

 
 

Klassenerhalt…! Pah - lächerlich! Wir sind die Rote Teufel vom EC Bad Nauheim, die Playoffs sind das Minimalziel und dann schauen wir mal wie wir die Konkurrenz noch ärgern können. Frank wird es schon richten! So war der eindeutige Tenor unter den Fans - und das hatte weiß Gott nichts mit Arroganz zu tun, sondern war lediglich Ausdruck grenzenlosen Vertrauens in die Trainer-Kultfigur. Vom Meisterteam blieben die Leistungsträger wie Thomas Ower, Daniel Ketter, Patrick Strauch und Harald Lange. Am gleichen Tag unterschrieb auch Tim May, der letztes Jahr einen Riesensprung in seiner Entwicklung gemacht hatte; nur eine Woche später wurde Kevin Lavallees Rückkehr bekanntgegeben sowie Daniel Oppolzer und Alex Baum weiterverpflichtet. Und auch die Besetzung der ersten Kontingentstelle war ein echter Clou: Michael Dorr, der die Rot-Weißen noch im Viertelfinale so geärgert hatte, unterschrieb in Bad Nauheim. „Arbeitstier“ Sven Schlicht durfte ebenso im Team bleiben wie später Jan Niklas Pietsch.
Die zusammengestellte Mannschaft schürte die Erwartungshaltung der Fans immer weiter, nicht zuletzt weil jede Neuverpflichtung von Pressesprecher Christian Berger als „absoluter Kracher“ angekündigt wurde. Aber irgendwie hatte er ja auch recht, denn mit Jason Pinizzotto kam ein DEL-erfahrener Stürmer mit hervorragenden „Knipser“-Referenzen aus Schwenningen und der nächste Hochkaräter folgte nur wenige Tage später: Dan Ringwald, ein AHL-Verteidiger, war nach Carnevales Aussage der vorbehaltlose Wunschspieler mit dem Zeug zum Abwehrchef. Es war schon berauschend was sich in diesen Wochen in Bad Nauheim tat. Mit Domenic Bartels (Tor) und Dennis Reimer (Sturm) wurden aus Heilbronn und Hannover zwei Nachwuchskräfte ins Team geholt, die nicht unbedingt unter die Kategorie „Kracher“ fielen, aber dennoch mit guten Perspektiven aufwarten konnten.
Die Euphorie wuchs und wuchs, so dass sich die Verkaufszahlen der Dauerkarten unaufhörlich der Zielmarke von 700 näherten. Und dies alles, wo noch nicht einmal feststand, ob der EC wirklich in der zweiten Liga antreten dürfe. Denn in diesen Wochen beherrschte abseits der Nauheimer Hochstimmung ein ganz anderes Thema die Eishockeywelt, und zwar von der DEL bis in die Oberligen. Grund war der von der ESBG aufgekündigte Kooperationsvertrag mit dem DEB. Der DEB spielte die beleidigte Leberwurst und wollte, quasi als Retourkutsche für die Kündigung nun partout eine zweite Liga unter seiner Führung etablieren. Die Mehrzahl der Zweitligaclubs hingegen favorisierte eine eigenständige, selbstverwaltete DEL2. Diese DEL2 war formal bereits im Mai gegründet worden, sollte 14 Clubs umfassen und damit nicht nur Aufsteiger Bad Nauheim, sondern auch die beiden anderen hessischen Oberligaclubs Kassel und Frankfurt aufnehmen. Angesichts ihrer Leistungsstärke und – wie man meinte – wirtschaftlichen Struktur, sicherlich berechtigte Kandidaten für diese neue Liga und so machte Frankfurt keinen Hehl daraus, dass man davon ausging 2013/2014 nirgendwo anders als in der zweiten Liga zu spielen.
Der DEB aber beharrte auf einer verbandsgeführten zweiten Bundesliga und forderte alle Zweitligisten ultimativ auf für diese zu melden. Wer nicht mitzog, dem drohte der deutsche Eishockey-Dachverband mit dem Entzug alle Rechte. Als Mitglied einer „wilden Liga“ würde dies Auswirkungen bis hinab in die Nachwuchsklassen haben. Damit hätten weder Junioren- noch Schüler-Teams an ihren Meisterschaften teilnehmen können. Die Zweitliga-Clubs aber, bis auf Riessersee und Kaufbeuren, blieben hart. Sie verweigerten sich der DEB-Erpressung mehrfach und so drohte zeitweise gar eine komplette Saison ohne zweite Liga.
In Bad Nauheim schüttelte man ungläubig den Kopf über so viel Ignoranz. Da hatte man nach neun langen und beschwerlichen Jahren endlich den Aufstieg auf sportlichem Wege geschafft und nun dies! Auch Bad Nauheim weigerte sich für eine DEB-geführte Spielklasse zu melden, genauso aber war man auch nicht gewillt, sich erneut in die Oberliga einstufen zu lassen. Im Gleichschritt mit den etablierten Zweitligisten wollte man auch in der Kurstadt die eigenständige DEL2.
Genau so wurden auch die Planungen fortgesetzt. Ende Juni vermeldete man die Verpflichtung von Matthias Bergmann, dem Top-Verteidiger der letzten Oberliga-Saison. Auch ihn hatten wir schon im Viertelfinale gegen Klostersee in Augenschein nehmen können. Am 15. Juli wurde wieder eine Neuverpflichtung bekanntgegeben. Taylor Carnevale hieß der 22-jährige Spieler und hatte nicht von ungefähr den gleichen Namen wie der Trainer; er war dessen Sohn.
Oh-ha, sagten da nicht wenige! Altgediente Fans erinnerten sich mit leichtem Unbehagen an die Saison 1992/93. Damals gab es mit Rudolf und Roman Sindelar die gleiche Konstellation schon einmal… es endete in einer sportlichen Katastrophe und dem Abstieg in die Oberliga. Auch 1999/2000 gab es eine verwandtschaftliche Verbändelung zwischen Trainer und Spieler. Coach Dan Olsen protegierte seinen Bruder Darryl. Wieder endete diese Saison mit dem Rauswurf der beiden… Waren dies Vorboten von Unheil, das da auf uns zurollte?

 
 

Ach Quatsch!!! Wer waren schon Sindelar und Olsen? Wahrlich keine Eishockey-Götter wie Frank Carnevale!  Er würde schon wissen was er tat. Abgrundtiefes Vertrauen in das Trainer-Idol wischte diese Bedenken beiseite! Fans und offensichtlich auch die Geschäftsführung gaben ihr Placet zu dieser Verpflichtung und warteten gespannt ab, wie Carnevale Junior, der jüngste aller Kontingentspieler in der DEL2, einschlagen würde. Etwa zeitgleich mit Taylor Carnevales Verpflichtung gab es endlich die erlösende Entscheidung im Ligenstreit. Nach mehreren geplatzten Gerichtsterminen einigten sich DEB und Zweitligisten in einem außergerichtlichen Vergleich auf ein gemeinsames Ligenmodell. Es sollte wie bisher von der ESBG eigenverantwortlich geführt werden, aber nur als eine 12er-Liga unter Beteiligung des Oberligaaufsteigers.

Vor so viel Weisheit sollte der deutsche Eishockey-Fan demütig sein Haupt neigen!!! Diese Voll-Intelligenzler hatten genau so entschieden wie es auch der sportliche Ausgang der Vorsaison definiert hatte. Man fragte sich ehrlich, warum also das ganze Kompetenzgerangel und der Image schädigende Eiertanz?

Ihm vertrauten die Fans voll und ganz. Frank Carnevale war Kultfigur und Hoffnungsträger Nr.1 für die Anänger der Roten Teufel.

 
 

Für Bad Nauheim war damit auch die offizielle Sportwelt endlich wieder im Lot; für Frankfurt und Kassel hingegen bedeutete es das Aus in ihren Bemühungen ebenfalls zweitklassig zu agieren. In der Main-Metropole sprach man offen von „Bauernopfern“, die gebracht werden mussten. Eine, wie ich meine, treffliche Wortwahl, verspotteten die Großstädter doch für gewöhnlich uns als Bauern - nun bezeichneten sie sich Selbstmitleid heischend als ebensolche. Zugegeben; ein wenig Schadenfreude im Nauheimer Fan-Lager war unumwunden vorhanden. Sollten sich doch Löwen und Huskies auch erst mal sportlich qualifizieren. Ein Jahr länger in der ungeliebten Kasperle-Liga konnte den Nachbarn nicht schaden. Dass sie im Jahr 2014/15 dann auch in Liga Zwei dabei sein können, dafür hatte der Vergleich aber auch gesorgt, denn am Ende dieser Saison sollte die DEL2, wie die zweite Liga nun auch offiziell genannt wurde, um zwei weitere Teams aufgestockt werden.
Inzwischen war es Ende Juli und die Zeit bis zum Start der DEL2 wurde knapp. Bei Bad Nauheim aber waren noch einige Positionen unbesetzt. Der Dauerkartenverkauf hingegen hatte die Erwartungen sogar noch übertroffen. Der neue Geschäftsstellenleiter Matze Baldys durfte nicht nur 700 sondern sogar 800 Ticketbestellungen verzeichnen. Ein klares Signal, wie sehr das Publikum nach DEL2-Hockey lechzte. Mit diesem finanziellen Sicherheitsnetz im Rücken konnten auch die letzten Stellen vielversprechend besetzt werden. In der Verteidigung wurde der Deutsch-Schwede Marcus Götz verpflichtet und im Sturm kamen mit Matt Beca und Kyle Helms zwei Spieler der Extraklasse. Beca sei eigentlich zu gut für die DEL2, so die Stellungnahme von Carnevale zur Verpflichtung eines seiner früheren Schützlinge und Helms kam direkt aus der DEL vom Larry Mitchell Club Augsburg. Eine bittere Pille aber mussten die Fans dennoch schlucken: Matthias Bergmann, so wurde jetzt bekannt, war an Hautkrebs erkrankt und würde für unbestimmte Zeit nicht in der Mannschaft stehen können. Natürlich war die Gesundheit des Spielers wichtiger als Ligapunkte, nichtsdestotrotz musste nun auf die Schnelle ein weiterer Verteidiger her. Diesen fand man im Italo-Kanadier Sean McMonagle, der aus der italienischen Liga vom HC Alleghe in die Kurstadt kam.
So langsam war es an der Zeit neben dem sommerlichen Konditionstraining auch am Spielsystem und mannschaftlichem Verständnis zu feilen. Dazu ging‘s wie schon im Vorjahr zuerst ins Trainingslager nach Duisburg, wo auch André Mangold als Gastspieler mit trainieren durfte, sich aber letztlich nicht für das Team empfehlen konnte. Ergebnisse bei Vorbereitungsspielen sind zweitrangig, das war jedem klar, aber die ersten Spiele gaben auch nicht unbedingt Anlass für hochfliegende Träume. Beim Oberligisten Duisburg und in Crimmitschau gegen den DEL2-Konkurrenten gab es knappe Siege nach Verlängerung. Das erste Heimspiel verfolgten zwar für ein Vorbereitungsspiel sehr ordentliche 1800 Zuschauer, doch man unterlag dem Meister aus Bietigheim recht deutlich mit 1:5. Das Rückspiel endete gar 6:0 für die Steelers und so sah Frank Carnevale „noch sehr, sehr viel Arbeit“ auf sich und sein Team zukommen.

 
 

Doug Murray, einer der beliebtesten Spieler bei EC, verstarb kurz vor Saisonbeginn

Eine Gelegenheit es besser zu machen wurde Bad Nauheim durch einen Stromausfall genommen. Im Rückspiel gegen Crimmitschau schmolz im CKS das Eis unter den Skates der Protagonisten. Nach über einer Stunde Wartezeit musste die Begegnung abgesagt werden. Die eingefundene Fan-Gemeinde diskutierte aber ein anderes Thema, das ihnen sehr an die Nieren gegangen war. Plötzlich und unerwartet verstarb Doug Murray zwei Tage zuvor an Herzversagen in Kanada. Nur 46 Jahre wurde der beliebte Spieler und hinterließ Frau und zwei Töchter…
Freitag, der 13. September 2013! Weiß Gott kein gutes Datum für Abergläubige, doch an jenem Abend begann die neue Zeitrechnung für die Roten Teufel. Erstmals in der Geschichte stand ein Bad Nauheimer Team als DEL-Mannschaft am Anstoßbully - wenn auch „nur“ in einem DEL2-Match. Der Gegner in Ravensburg waren die Towerstars, ein Team das in diesem Jahr zum erweiterten Kreis der Titelaspiranten gezählt wurde. Bedingt durch einen Defekt am Mannschaftsbus, erreichten die Roten Teufel ihren ersten Gastgeber mit reichlich Verspätung. Das tat dem Spielverlauf aber keinen Abbruch und am Ende gab es eine fette Überraschung: Mit 4:1 hatte der Neuling den Favoriten besiegt! Harry Lange, zweimal Taylor Carnevale und Jason Pinizzotto hatten mit ihren Toren sogar die erste Tabellenführung der DEL2-Geschichte in die Kurstadt geholt. Historisch!

 
 

Und man legte nach. Am Sonntag gegen Bremerhaven schossen die Rot-Weissen auch die Pinguine mit 5:3 ab. 2640 Zuschauer waren schier aus dem Häuschen als Lavallee, McMonagle (2), Pinizotto und Lange den Sieg nach einer umkämpften Partie unter Dach und Fach gebracht hatten. Was für ein Auftakt – und was für eine Atmosphäre! Einige der Neuzugänge aus Übersee waren so beeindruckt von der Superstimmung, dass sie ihre Familien per Handy an den Jubelarien live teilhaben ließen. Nun ja, für uns natürlich nichts Neues! Und überhaupt: von wegen Klassenerhalt! So wie Wasser immer bergab fließt, so spielt ein Carnevale-Team immer vorne mit; das ist ein Naturgesetz!
Der Spielplan schenkte uns am folgenden Freitag erneut ein Heimspiel. Wieder waren es fast 2600 Besucher, die nach einem 4:3-Sieg gegen Heilbronn das Team mit frenetischem Jubel in die Kabine verabschiedeten. „Bad Nauheim, wie es singt und klatscht“ titulierte die WZ und bescheinigte diesmal Matt Beca ein überragendes Spiel. Wenn das so weitergeht, werden wir erster DEL2-Meister! Neun Punkte nach drei Spielen! Beca, Lavallee, Carnevale und Oppolzer machten die Tore! Die Neuzugänge schlugen also ein wie Granaten und die alten Leistungsträger knüpften nahtlos an ihre tadellose Leistung aus der Vorsaison an. Unser Trainer-Fuchs hatte die richtige Mischung gefunden und so rockten die Roten Teufel die Liga…

 
 

Co-Trainer und sportlicher Leiter Daniel Heinrizi hatte in einem Interview für die erste Sonderausgabe einer TeufelNews geweissagt: „Wir werden erst mal von der Euphorie leben!“ Und genau so kam es. Doch es waren gerade mal drei Spiele absolviert. In Dresden, nach den drei vermeintlichen Auftakt-Hochkarätern eigentlich das erstes Team, welches man auf Augenhöhe vermutet hatte, verlor man unglücklich mit 3:2. Noch schmerzlicher traf uns die Heimniederlage gegen Landshut. Acht Minuten vor Schluss führte der EC mit 3:2, am Ende hieß es 3:4 für Landshut. 41 Sekunden vor Ende war der Siegtreffer gefallen. Sehr, sehr ärgerlich!

Dennoch ließ man den Kopf nicht hängen, zumal man am Dienstag noch gegen die Löwen aus Frankfurt im Hessencup gesehen hatte, dass zwischen Oberliga und DEL2 Welten klafften. Die Mainstädter hatten in diesem Spiel nicht den Hauch einer Chance. Zwar verloren sie nur mit 5:3, doch immer wenn Frankfurt eine kosmetische Ergebnisverbesserung gelungen war, zog Bad Nauheim kurz das Tempo an und markierte wieder einen Gegentreffer. Nein – niemand wollte mit Frankfurt tauschen und zweistellig gegen Neuss oder Ratingen gewinnen. Dann lieber solche Herzblut-Spiel wie gegen Landshut.

Die ganze Saison über war das Colonel Knight Stadion gut gefüllt. Der Zuschauerschnitt brachte wieder einen neuen Rekordwert von über 2300 Besuchern pro Spiel. Eine bundesweite Umfrage von Eishockeynet.de ergab was wir natürlich schon immer wussten: mit 51,4% wurden die Fans der Roten Teufel mit großem Abstand vor Bremerhaven (26,3%) zu den besten Fans der Liga gewählt.

 
 

Es liegt in der Natur der Sache, dass es nach einer Tabellenführung nur Freiheitsgrade in eine Richtung geben kann: abwärts! Die Meistereuphorie, der sensationelle Starterfolg und das grenzenlose Vertrauen in die Künste des Trainergotts überdeckten jedoch in den Folgewochen den langsamen aber stetigen Abwärtstrend, dem die Roten Teufel anheimfielen. Natürlich war es jedem klar, dass man nicht jedes Spiel im Hurra-Streich gewinnen konnte. Dass man aber aus den Playoff-Rängen herausfallen könnte, für diese Befürchtung gab es lange Zeit keine Veranlassung. Dazu war die Sinkgeschwindigkeit auch viel zu gering, denn man punktete weiterhin konstant, selbst wenn des Öfteren mal nicht einkalkulierte Niederlagen zu Buche schlugen. Was jedoch auffiel war die zunehmende Unbeständigkeit in der Abwehr. Obwohl herausragende Spieler wie Thomas Ower, Dan Ringwald oder Sean McMonagle hier agierten, wirkte dieser Mannschaftsteil nicht immer sattelfest. Da abzusehen war, dass man in nächster Zeit nicht mit dem Einsatz eines genesenden Matthias Bergmann rechnen durfte, versuchte man diese Schwäche auf Drängen des Trainers durch die Neuverpflichtung eines DEL-Spielers zu kompensieren. So stieß schon Ende September Deutsch-Kanadier Chris Heid aus Ingolstadt zur Mannschaft.

 
 

Für die Nauheimer Fans eine Neuerung: der Goldhelm des team Top-Scorers. Seit Sep 2011 gibt es ihn in der 2. Liga. Beim EC trugen ihn meist Taylor Carnevale und Matt Beca.

Im Oktober hielten sich Siege und Niederlagen die Waage; jeweils fünf Erfolgserlebnisse und fünf Niederlagen wurden eingefahren. Wirklich schmerzlich war dabei eigentlich nur die völlig unnötige 0:3-Heimpleite gegen Schlusslicht Crimmitschau. Ende Oktober war Bad Nauheim zwar auf Platz acht abgerutscht, doch mit gerade mal einem Zähler Rückstand auf Dresden, einem Spiel weniger (das Hauptrundenmatch in Kaufbeuren war auf Wunsch der Allgäuer in den Januar verschoben worden) und vier Punkten Vorsprung auf den Neunten, bewegte sich alles noch im tiefgrünen Bereich. Dem Zuschauerzuspruch tat die schleichende Talfahrt der Teufel auch keinen Abbruch. Im Schnitt kamen bisher 2400 Besucher je Spiel ins CKS. Die Planung, der GmbH lag zu Saisonbeginn bei 1400; also 1000 Zuschauer weniger als die Realität uns nun bescherte. Ein Luxus, den man in Bad Nauheim lange Jahre nicht kannte. Es zeigte wieder einmal, dass Zweitliga-Hockey in der Wetterau unbedingt sein Publikum hat. Genau das spiegelte sich auch in den Fangesängen wider. Voller Inbrunst erklang das umgedichtete „Legenden“-Lied: „Wir sind die Legende. Warten hat ein Ende – endlich Zweite Liga, ECN.“ Wer für dieses Eishockey-Revival verantwortlich war, stand natürlich außer Frage: Niemand anderes als Eishockey-Gott Frank Carnevale! Diese Liebe hatte sich auch schon auf seinen Sohn Taylor übertragen. Er trug vom Start weg den goldenen Helm des teaminternen Top-Scorers und wurde von den Fans als erster Crack der neuen Saison zum Spieler des Monates gekürt – einer Initiative die sich die Redakteure der TeufelNews hatten einfallen lassen. Eigentlich eine heile Eishockey-Welt, die sich hier in der Kurstadt präsentierte...

 
 

Je weiter sich das Erfolgsjahr 2013 seinem Ende zu neigte, umso häufiger mehrten sich aber die Anzeichen, dass die von Heinrizi angesprochene Anfangseuphorie etwas aufgebraucht war. Bis Ende November, dem 23. Spieltag, wurde die Luft im Kampf um Platz acht dünner und dünner. Schaute man auf die aktuelle Tabellensituation, so stellte sich die Lage schon brenzliger dar als noch vor Monatsfrist. Inzwischen gab es eine Lücke von sieben Punkten zum Tabellensiebten und nur noch ein einziges Pünktchen trennt die Teufel von Platz neun. Getrübt wurde das Bild auch durch die unübersehbaren Leistungsschwankungen unseres Meister-Goalies. Thomas Ower zeigt vermehrt Schwächen und ließ immer wieder mal Pucks passieren, die er letzte Saison „mit der Kappe“ weggefischt hätte. Carnevale hatte gar schon im Oktober seinen Keeper öffentlich nach einem schwarzen Tag bei den Fishtown Pinguins abgewatscht und in Landshut gab es im November mit Sage und Schreibe 10:1 die höchste Saisonniederlage. Auch hier hatte sich Thomas Ower ungekannte Schnitzer geleistet. Obwohl er auch immer wieder Glanztaten vollbrachte, ließ er zumindest die von ihm gewohnte Konstanz vermissen. Der Trainer beorderte immer öfter seinen Backup Goalie Domenic Bartels zwischen die Pfosten des Drahtgehäuses. Im Forum hatte sich längst ein Gerücht verbreitet: eine ernsthafte Hüftverletzung, die eigentlich operativ behandelt werden müsse, sei Grund für Owers Leistungsschwankungen. Eine plausible Erklärung, doch gab es zu diesem Thema weder von der sportlichen noch von der wirtschaftlichen Leitung der GmbH aufklärende Worte.
Wer dachte der Dezember müsse doch endlich wieder eine Besserung bringen, sah sich gründlich
getäuscht. Jener Monat wurde zum dunkelsten Kapitel des Eishockey-Jahres 2013. In der Liga gab es lediglich zwei Siege, alle anderen sieben Partien endeten mit Niederlagen der Teufel. OK, der Hessenpokal konnte in diesen Tagen in die Kurstadt geholt werden. Gegen die letztjährigen „Prämium-Gegner“ Kassel und Frankfurt hatten die Roten Teufel in diesem Jahr aber keinerlei Mühe. Alle Spiele wurden gewonnen, sogar das letzte Match in Kassel in dem Bad Nauheim, schon als Pokalsieger feststehend, nur mit einer B-Mannschaft und ohne Trainer Carnevale antrat. Aber dieser Erfolg interessierte eigentlich schon keinen mehr. Viel schlimmer wog, dass peu à peu das Team durch Verletzungen auseinanderzubrechen drohte. Dennis Reimer war das erste Opfer. Schlimmer traf es die Abwehr: Thomas Ower war definitiv nicht in Bestform, und das Gerücht der drohenden OP wurde mehr und mehr zur Gewissheit. Chris Heid wurde im (überflüssigen) Pokalspiele in Frankfurt gecheckt, erlitt eine Gehirnerschütterung und kehrte bis Saisonende nicht mehr ins Team zurück. Daniel Ketter verletzte sich am Nikolaus-Tag gegen Landshut, er sollte 2013 nicht mehr auflaufen. Sean McMonagle erkrankte und fehlte in Ravensburg. Im Spiel gegen Riessersee blockte Dan Ringwald einen Schlagschusses; ein Haarriss im Schenkelknochen setzte ihn für ein viertel Jahr außer Gefecht...

 
 
 
 

Matt Beca trug in der zweiten Saisonhälfte den Goldhelm des Topscorers

Kapitän Patrick Strauch war stets ein Vorbild für Leidenschaft und Einsatz.

 
 

Gründe genug um zu erklären, dass es in den Dezemberspielen für den EC nicht rund lief. Matthias Bergmann wäre jetzt eine sehr willkommene Verstärkung gewesen, denn zeitweise standen mit Marcus Götz, Alexander Baum und Jan Niklas Pietsch gerade mal drei etatmäßige Abwehrspieler zur Verfügung. Abgesehen von diesem großen Problem in der Verteidigung, wollte auch im Sturm nicht mehr alles nach Plan laufen. Nur die erste Angriffsreihe scorte noch im erwarteten Rahmen, von den anderen Reihen ging hingegen nur wenig Gefahr aus. Das machte die Mannschaft anfällig und ausrechenbar für die Gegner. Folge war, dass die Angriffsreihen in fast jedem Spiel munter durcheinander gemischt wurden. Keiner wusste mehr wer eigentlich sein Sturmpartner war.
So forderte Frank Carnevale vehement Verstärkung um die Verletzungen aufzufangen. „In dieser ausgeglichenen Liga kann man nur bestehen, wenn man mit kompletter Abwehr und vier Sturmreihen spielen kann. Wir werden zurückkommen, wenn wir wieder genug Spieler zur Verfügung haben“, so sein immer wiederkehrendes Statement in dem Pressekonferenzen. Eine logische Forderung - oder? Zumindest für die Fans war das nicht von der Hand zuweisen, denn der Zuschauerschnitt lag zu dieser Zeit immer noch bei über 2400 Besucher pro Spiel. Warum also nicht diesen überaus fetten Gewinn in die Mannschaft investieren?
Von wegen „fetter Gewinn“! Die GmbH-Führung machte ein anderer Rechnung auf: „Im Verlauf der Saison haben wir schon Chris Heid verpflichtet und den nötigen Saisonschnitt auf 1700 Zuschauer nach oben korrigiert. 40% mehr Zuschauer heißt nicht 40% mehr Einnahmen. Es entstehen höher Abgaben, höhere Aufwendungen und ein Mehr an Materialkosten, sodass wir nur bedingt auf solche Forderungen eingehen können.“ Dennoch reagierten die Verantwortlichen. In der Woche vor Weihnachten wurde Torwart Jan Guryca, aus Straubing
losgeeist und kehrte nach rund 10 Jahren zurück zu seinem Heimatverein. Aus Heilbronn verpflichtete man Abwehrspieler Mitch Versteeg, den 6. Ausländer. Sollte Dan Ringwald zurückkehren, würde einer der Kontingentspieler auf die Tribüne müssen – wann hatte sich Bad Nauheim so eine Situation das letzte Mal leisten können?

 
 

Aber auch mit den Neuverpflichtungen endete die Niederlagenserie nicht. Am zweiten Weihnachtsfeiertag verloren die Roten Teufel in Bremerhaven wieder mit 6:3. Was den Fans sehr unverständlich war: Trotz aller Ausfälle, leistete sich der Trainer sogar den Verzicht auf Kevin Lavallee, und das über mehrere Spiele hinweg. Als „healthy scratched“ (gestrichen, obwohl gesund) wurde er vom Trainer bezeichnet. Was immer das auch auf gut Deutsch heißen mochte, eines stand fest: irgendwie rumorte es im Team. Einige Fans vermuteten gar, dass man gegen den Trainer spiele...
Aber Leute, was ist denn das für ein geistiger Dünnpfiff!!! Wie sollten diese von Super-Carnevale selbst zusammengestellten Jungs gegen ihn spielen?... Auf der anderen Seite…- hm - es stimmte schon, dass Einsatz und Motivation in so manchem Spiel nicht wirklich überzeugen konnten. Hej, liebe Offizielle, jetzt mal Butter bei die Fische: Was war da los?
Die Antwort kam in Form eines Déjà-vu: Am Nachmittag des 27. Dezember vermeldete die EC Web-Seite und Hitradio-FFH fast zeitgleich: „Trainer Carnevale mit sofortiger Wirkung beurlaubt!“ ACH DU DICKES EI!!!!! Wiederholt sich so Eishockey-Geschichte in Bad Nauheim??? Jeder Fan fühlte sich um 15 Jahre zurückversetzt. Auch damals hatte die gleiche Schlagzeile für totales Unverständnis gesorgt. Doch hatte man seinerzeit sofort eine Erklärung und vor allem einen Schuldigen ausgemacht. Jörg Hiemer, der neue Manager, hatte damals fraglos den Rauswurf provoziert. 1999 gab es glasklare Fronten: dort der Buhmann, hier der Märtyrer. Und heuer? Jetzt stand dem geschassten Carnevale der allseits hochgeschätzte Andreas Ortwein gegenüber. Ganz bestimmt keine Person, die sich als Sündenbock anbot.
Aber einen Fehler machte auch die aktuelle GmbH-Leitung: Außer der vermeldeten Tatsache der Beurlaubung und dass diese eine einstimmig getroffene Entscheidung von Geschäftsführung und Beiräten gewesen sei, gab es kein weiteres offizielles Statement.


Kevin Lavallee hatte in dieser Saison nicht immer das Publikum hinter sich. Und auch bei Frank Carnevale fiel er in Ungnade. Doch gerade zum Saisonende zeigte er sehr ansprechende Leistung.

 
 

Und genau dies ließ die Mutmaßungen wie Pilze aus dem Boden schießen. Konnten da welche nicht miteinander? War Carnevale schon wieder Opfer einer hinterfurzigen Intrige geworden oder war doch er der „ewige Querulant“, der nicht vernünftig mit Vorgesetzten, wirtschaftlichen Randbedingungen und „Aufmuckern“ im Team umgehen konnte?

 
 

Frank Carnevale wie ihn die Fans lieben: Impulsiv und polarisierend

Im Internet wucherten sofort die wildesten Gerüchte. Carnevale-Befürworter warfen den EC-Verantwortlichen vor, dass sie genauwusten, wen sie mit dem Kanadier verpflichtet hatten. Dass Carnevale neben einem genialen Eishockey-Kenner auch ein Mann derber Worte sein konnte, sollte keine plötzlich gewonnene Erkenntnis gewesen sein.
Von EC-Seite kam aber partout kein Wort der Aufklärung. Im Gegenteil, Andreas Ortwein ließ nur verlauten, dass man die Trennungsgründe in beiderseitigem Interesse nicht publik machen werde.
Unbestätigten Gerüchten zufolge, die natürlich rasch im Internet kursierten, sollte Cranevale angeblich das Spielerbudget schon im Frühjahr nach den ersten sechs Verpflichtungen mehr als ausgereizt haben.

 
 

Nun, angesichts spportlicher Rückschläge, wollte er einige seiner Cracks auf der Tribüne schmoren lassen und dafür mit neuen Kräften aufrüsten. Kosten seien ihm dabei völlig egal und die GmbH sowieso… Hauptsache der Erfolg kehre zurück und werde mit seinem Namen verbunden. Die Geschäftsleitung habe dies jedoch kategorisch abgelehnt. Ebenso habe der Trainer ultimativ eine Vertragsverlängerung gefordert, verbunden mit einer erneuten Aufstockung seines Gehalts. Bei nicht Erfüllung der Bedingungen, wollte Carnevale angeblich den Club freiwillig zum 1. Januar verlassen. Wieviel Wahrheitsgehalt in diesen Aussagen steckte, blieb bis heute jedoch unkommentiert...
Und was sagte der Trainer zu alle dem? Nun, in seinem unnachahmlichen Pathos (den man bisher immer geschätzt hatte!) „brach es ihm das Herz“, dass er hier schon wieder vor die Tür gesetzt wurde.

Daniel Heinrizi vertritt  eher den ruhigen, sachlichen und analytischen Trainertyp. Bei den Fans kam‘s weniger an.

 
 

Bad Nauheim sei nicht irgendeine Stadt; es sei seine zweite Heimat und er habe hier etwas Großes aufbauen wollen. In einem Bildzeitungsinterview ging Carnevale einen Schritt weiter. Er bezeichnete Bad Nauheim als ein „Snake Pit“ (Schlangennest), wo es einige Personen gäbe, die von Anfang an seine Arbeit torpedierten. Er verriet auch, dass er in der letzten Saison als klar war, dass Wolfgang Kurz die GmbH nicht weiterführen dürfe, sogar die gesamte GmbH übernehmen wollte - auf eigene Kosten. Seinen Angaben zufolge beabsichtigte er mit eigenem Geld das Eishockey in Bad Nauheim zu einem Spitzstandort der DEL2 zu entwickeln. Verluste hätte er höchstpersönlich ausgeglichen, Gewinne selbstverständlich eingestrichen („was ja wohl recht und billig sei“, so seine Äußerung).
Es ist mehr als müßig darüber zu philosophieren was hier Wahrheit und was Dichtung ist. Die wirklichen Hintergründe werden wohl in voller Breite nur die unmittelbar beteiligten Personen erfahren bzw. wissen, zumal man lesen konnte, dass dem Coach in seinem Aufhebungsvertrag unter Androhung von Strafe die Bekanntgabe der Trennungsgründe untersagt wurden. Fakt bleibt, dass Frank Carnevale ein zweites Mal in Bad Nauheim gescheitert war; wieder nicht sportlich – aber wohl zu einem Großteil bedingt durch seine ihm eigene Mentalität. Was bleibt sind seine Verdienste um das Nauheimer Eishockey. Niemand kann und will ihm diese streitig machen. Für meinen persönlichen Geschmack ist es jammerschade, dass dieser hochtalentierte Eishockey-Lehrer erneut mit einem so bitteren Beigeschmack das Feld räumen musste. Frank Carnevale wird in Bad Nauheim wohl nie wieder ein Team coachen, aber sein Name ist in die Annalen unserer Eishockeygeschichte eingegangen und wird dort für immer einen Platz in aller vorderster Reihe haben.

Doch zurück zum sportlichen Geschehen. Wie ging es nun in der Kurstadt weiter? Noch vor all den Querelen um die Entlassung des Meister-Coachs war Bad Nauheim tatsächlich aus den Playoff-Rängen herausgerutscht. Die Füchse aus der Lausitz hatten den begehrten Platz nun inne und zogen unaufhörlich weiter davon. Anfang Januar waren es bereits sieben Punkte Rückstand, die die Mannschaft aufholen musste, wollte man die Klasse über die Meisterschafts- K.O.-Spiele sichern.
Neuer Trainer wurde der Sportliche Leiter Daniel Heinrizi. Ob für den Rest der Saison oder interimsmäßig blieb erst mal offen. Aber der Wechsel bewirkt nicht viel. Trotze einiger Heimsiege vergeigte die Mannschaft immer wieder die Auswärtspartien, bei denen man sich eigentlich einiges ausgerechnet hatte und Punkte auf Rang acht gut machen wollte.

 
 

Beispiel Nachholspiel in Kaufbeuren: hier gab es eine nicht einkalkulierte 5:4-Niederlage. Beispiel Heilbronn: beim immer mehr auf die Pelle rückenden Tabellennachbarn setzte es eine unsäglich blamable 5:0-Klatsche; eine Partie bei der die Roten Teufel jeden Spielwitz und jede Motivation vermissen ließen. Beispiel Dresden: Auch an der Elbe konnte die 4:1-Schlappe niemand aufmuntern. Dummerweise war der einzige Sieg im Auswärtsspiel gegen Bietigheim (4:5 n.V.) annulliert worden, denn hier hatten die Team-Verantwortlichen versehentlich Sean McMonagle nicht auf der Spielerliste notiert, ihn aber dennoch neun Minuten lang eingesetzt. Sehr, sehr ärgerlich – aber shit happens!

Der Krankenstand blieb unverändert bescheiden, denn neben den Dauerausfällen Ower und Heid war Dan Ringwald noch immer verletzt.

Fotograf Andreas Chuc montierte erstmals in dieser Saison eine Kamera unter dem Hallendach und machte Aufnahmen aus einer völlig neuen Perspektive.

 
 

Matthias Bergmann konnte endlich wieder seine Schlittschuhe schnüren, doch tat er dieses überraschenderweise nicht für den EC Bad Nauheim. Er hatte um Vertragsauflösung gebeten und sich seinem Heimatclub Rosenheim angeschlossen, um im familiären Umfeld einen Neuanfang zu machen. Die EC-Führung zeigte angesichts dieser Bitte Verständnis und entsprach dem Wunsch. So hatte Bergmann zwar sechs Wochen Gehalt bezogen, aber nicht eine einzige Sekunde für Bad Nauheim auf dem Eis gestanden. Ins Team zurückgekehrt waren nur Daniel Ketter und Dennis Reimer. Doch dafür kam für Tim May das Saison-Aus wegen einer Knie-OP und Taylor Carnevale fiel mit einer Rückenverletzung für unbestimmte Zeit aus.
Die Mutmacher im Umfeld sprachen noch immer von der Möglichkeit den achten Platz, und damit das erhoffte Saisonziel Playoffs zu erreichen. Wer die Sache realistischer betrachtete, musste jedoch eingestehen, dass wohl lediglich das Heimrecht bei den Playdowns als Ziel anvisiert werden konnte. Zum Ende der Doppelrunde stand Bad Nauheim auf Platz neun; sechs Punkte hinter Weißwasser und acht Punkte vor Heilbronn. Nüchtern betrachtet keine schlechte Platzierung, zumal gerade am letzten Wochenende der Vorrunde die zwei Siege gegen Bietigheim zu Hause (6:5 n.P.) und in Landshut (7:3!!!) durchaus noch einmal aufhorchen ließen.
Inzwischen hatte sich die EC-Führung festgelegt: Daniel Heinrizi würde Head Coach bis Sai bleiben; man habe vollstes Vertrauen in seine Person. Doch mit Beginn der zehn Zwischenrundenspiele wendete sich das Glück endgültig vom EC. Taylor Carnevale hatte nach einem Kurzeinsatz sofort wieder Rückenbeschwerden und fiel weiter aus. Selbiges galt für Dennis Reimer. So fehlte mit Ower, Heid, Ringwald, May, Carnevale und Reimer exakt ein kompletter Block, den mancher Vereine gerne als seine erste Garnitur gesehen hätte. Die Spiele in Bietigheim, zuhause gegen Bremerhaven und in Dresden ginge alle verloren. Gegen Crimmitschau schaffte man einen glücklichen Sieg, verlor dann aber wieder die nächsten Spiele gegen Ravensburg, Bietigheim und Bremerhaven.
Die Mannschaft spielte nicht unbedingt schlecht, aber sie spielte unglücklich. Und lag sie erst einmal im Hintertreffen dann vermisste man oft den allerletzten Siegeswillen. Gerade in den Special Teams gab es krasse Unterschiede verglich man das Auftreten in der Zwischenrunde mit den begeisternden Anfangstagen der Saison. Irgendwie hatte man das Gefühl, dass hier eine Truppe spielte, die von der Substanz nicht schlecht war, aber weder ein echte verschworene Gemeinschaft bildetet noch die allergrößte Motivation an den Tag legte. Es fehlte wohl das große Ziel so wie im letzten Jahr als unter dem Motto „One Team – One Dream“ Rückschläge immer wieder durch Begeisterung und ungebremsten Einsatz weggewischt wurden. Einigen Spieleren war wohl schon klar, dass sie in der kommenden Saison höchstwahrscheinlich ein anderes Trikot tragen würden und das merkte man dieser Mannschaft als Ganzes genommen immer deutlicher an.
„Lola68“ brachte es im Forum auf den Punkt: „Wenn das Team gar kein Team ist, sondern eine mittelmäßige Zweckgemeinschaft, dann werden es halt nur Playdowns“. Sein Aussage „Schade, dass ich mich zum Ende der so stark und euphorisch begonnenen Saison schon fast darauf freue, dass es hoffentlich bald rum ist“, teilten sicher nicht wenige Fans. Die permanenten Beteuerungen von offizieller Seite noch den achten Rang und damit die Playoffs im Visier zu haben, klangen reichlich unglaubwürdig. Es erinnerte mehr an das berühmte laute Pfeifen im Walde um sich selbst die Angst zu nehmen. Die Konkurrenz aus Kaufbeuren und Heilbronn machten Woche für Woche Terrain auf die Roten Teufel gut. Und so drohte eher der Verlust des Heimrechts in den Playdowns als die Rückkehr auf einen Playoff-Platz. Kurz vor Ende der Zwischenrunde rutsche der EC erstmals sogar auf Platz 10, doch konnte im Endspurt Rang neun zurückgewonnen werden.
So ging es also in die Playdowns gegen die Eispiraten aus Crimmitschau. Der Auftakt war deprimierend, denn nach guten zehn Minuten und einer 1:0 Führung gab man das Spiel aus der Hand und unterlag zuhause mit 3:4 n.V. In den Internetplattformen meldeten sich enttäuschte und frustrierte Fans zu Wort und sprachen der Mannschaft auch in diesem Spiel wieder den absoluten Siegeswillen ab. Die Schelte fruchtet! Denn was man angesichts der gesehenen Leistung nicht vermuten konnte, trat in den Spielen zwei und drei ein. Endlich dominierte Bad Nauheim wieder mal über ein ganzes Match, zeigte Spielwitz und vor allem gute Auftritte der Special Teams. So drehten die Teufel mit einem 6:2-Auswärtserfolg sowie einem 4:1-Heimsieg das Serienresultat zu einer 2:1-Führung. In beiden Spielen durfte Taylor Carnevale wieder mitmischen, da sich Michael Dorr eine leichte Verletzung zugezogen hatte.
So bekam Spiel Nummer vier in Crimmitschau schon vorentscheidenden Charakter. Nauheim wollte sich unbedingt den Vorteil der drei „Matchbälle“ erspielen und für die Westsachsen war es so etwas wie die letzte Chance ihrem Anhang zu zeigen, dass man nicht gewillt war in die Relegationsrunde zu gehen. Entsprechend hart umkämpft fiel die Partie aus. Nach torlosem ersten Drittel gab es ein 1:1 im zweiten Abschnitt. Etwas glücklich gelang den Roten Teufeln dann die 2:1-Führung in der 47. Minute durch Jason Pinizzotto, die bis in die Schlussminute Bestand hatte. Als Kevin Lavallee 34 Sekunden vor Ende ein Empty Net Goal gelang glaubte man das Spiel in der Tasche zu haben. Heinrizi schickte zur Entlastung erstmals seine vierte Reihe aufs Eis... und prompt schlug Crimmitschau mit dem 2:3 zurück. Doch zu unserem Glück reichten ihnen die verbliebenen zwölf Sekunden nicht mehr für den Ausgleich.
Am 21. März 2014, also auf den Tag genau elf Monate nach dem Meisterschafts-Coup in Kassel sollte in Spiel fünf der Sack zu gemacht werden. 3490 erwartungsvolle Zuschauer hatten sich im CKS versammelt … und erlebten wieder einmal einen Rückfall in den alten Schlendrian. Pomadig, umständlich, zögerlich und vor allem mit grottenschlechtem Überzahlspiel würgten sich die Roten Teufel zwei Drittel lang über das Eis. Erst im letzten Abschnitt als man bereits 0:2 hinten lag fand man zu dem Spiel was die Fans von Anfang an sehen wollten. Prompt gelang auch der Ausgleich durch Oppolzer und Lavallee. Doch nur 30 Sekunden später war der Frust zurück, denn im Überschwang des Ausgleichs vernachlässigte man die Deckung und so gelang „Crimme“ neben dem erneuten Führungstreffer auch noch ein empty net goal. Aus der Traum vom frühzeitigen Klas-senerhalt.
Was die Fans sehr erregte war die Tatsache, dass Heinrizi auf Taylor Carnevale verzichtet hatte. Mit ihm hatte es drei Siege in Folge und ein stark verbessertes Powerplayspiel gegeben, ohne ihn stand man wie so oft in dieser Spielrunde wieder mit leeren Händen da. Doch auch mit ihm kehrte das Glück nicht zurück. Spiel sechs in Crimmitschau ging nicht nur in die Hose, sondern mit 2:5 sehr deutlich an die Westsachen. Einige der Mitfahrer bescheinigten der Mannschaft zwar einige gute Szenen, doch scheiterten die Teufel immer und immer wieder an der mangelhaften Chancenauswertung. Aus einer 3:1-Führung war ein Gleichstand geworden und das alles entscheidende Match sieben am folgenden Dienstag musste nun doch gespielt werden.
Es wurde ein Herzschlagfinale, dass die erfreuliche Anzahl von 2832 Zuschauer voll und ganz verdient hatte. Nach ersten Minuten des Abtastens besann sich der EC auf seine Tugen-den und spielte „Bad Nauheim Hockey“. Es wurden Checks gesetzt, hartes aber faires Eishockey praktiziert und der Geg-ner mächtig unter Druck gesetzt. Lohn dieser Arbeit war das 1:0 durch einen von Oppolzer abgefälschten Schlagschuss durch Marcus Götz. Noch schöner das 2:0, ein Shorthander von Matt Beca, der nicht nur die Abwehr sondern auch Torwart Nie düpierte und einnetzte. Das Stadion stand bereits zum Ende des ersten Drittels Kopf. Der zweite Abschnitt blieb torlos, aber „Crimme“ zeigte, dass es nicht gewillt war sich kampflos zu ergeben. Bei einem Pfostenknaller hatten die Teufel mächtig Dusel, es hätte der Anschlusstreffer sein können. Durchgang drei begann mit einem sehenswerten Treffer von Marcus Götz, der in diesem letzten Playdown-Spiel das beste Match der Saison im Teufelstrikot zeigte. Nachdem auch er wie zuvor Beca Goalie Nie ausgespielt hatte, drosch er aus spitzem Winkel das Hartgummi unter die Latte. Siegestrunken feierten die Fans schon das gute Ende, als Crimmitschau doch noch einmal zurück kam. Mit zwei Toren kämpften sie sich heran und sorgten so für nervenaufreibende sieben Schlussminuten. Selten wurden die letzten Sekunden so inbrünstig heruntergezählt wie in diesem Spiel. Sieg,  Serie und Klassenerhalt!!!!

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Was bleibt nun von dieser Saison? Woran werden wir uns langfristig bei dieser Spielrunde erinnern? Ist es der Stimmungsrausch im Frühjahr und Sommer, der den Rekordverkauf von 800 Dauerkarten sicherstellte? Ist es der sensationelle Start in die Punktrunde mit den Roten Teufeln als historisch erstem Tabellenführer der DEL2-Geschichte? Auch die tolle Stadionatmosphäre, die uns Platz eins in der bundesweiten Ermittlung der besten Zuschauer der Liga brachte, ist bemerkenswert! Oder ist es etwa die unsägliche Diskussion über die Einführung der DEL2? Werden es die internen Diskussionen um die überraschende Trainerentlassung sein, die in der zweiten Hälfte der Spielzeit einen Keil in die Fangemeinde trieb? Nun – sicher wird von allem etwas bleiben; positiv wie negativ. Unter dem Strich haben wir viele tolle Spiele auf gutem Niveau bei sehr ansprechenden Zuschauerzahlen gesehen. Das allerwichtigste aber ist, dass im Jahr eins nach dem Aufstieg der Klassenerhalt geschafft wurde. Auf diesen kleinsten gemeinsamen Nenner werden sich wohl alle einigen können; Mannschaft, Geschäftsleitung, Fans und Sponsoren.

 
 

Während 2012/13 tendenziell die Erfolgskurve permanent anstieg, verläuft sie im Trend 2013/2014 spätestens ab Mitte der Saison kontinuierlichen abwärts. Erst zum Saisonende kehrt sich dies wieder um.

Die Geschäftsführung hat bereits signalisiert, dass die Ereignisse im Lager der Roten Teufel im Laufe des Sommers analysiert werden sollen. Das ist sicher richtig und wichtig. Doch ein einfacher Blick auf Kurve des Erfolgsverlaufs dieser Saison beantwortet schon einiges und legt die Hypothese nahe, dass das Hauptübel aller negativen Entwicklungen einen ganz einfachen Ursprung hat: Verletzungspech.

Das nebenstehende Diagramm zeigt wie Auf und Ab in der Runde verteilt waren. Nach dem furiosen Auftakt neutralisierten sich Erfolge und Niederlage mehr oder weniger über den Verlauf der ersten Saisonhälfte. Erst mit dem Beginn der Verletzungen ging es steil bergab. Eine echte Trendwende zeichnete sich letztlich wieder gegen Ende der Saison ab, just als die Verletzten Mann für Mann zurückkehrten. Ohne diese Verletzungen hätte sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Platzierung noch innerhalb der Playoff-Rängen eingependelt.

Die Forderungen nach kostenintensivem Ersatz wären seitens des Trainers nicht gekommen und hätten so auch den Parteien die Irritationen und Streitigkeiten erspart. Sicherlich hätte dies zu einem besseren Arbeitsklima beigetragen und die Demission Carnevales (zumindest während der laufenden Saison) überflüssig gemacht. Aber alle Konjunktive sind reine Spekulation. Wie schrieb „Hubi07“ im Forum: „Wäre die Katz‘ ein Pferd, könnten wir Bäume hochreiten!“ Wie recht er hat!

 
 

Die anfangs dieser Chronik angeführte rosarote Zukunft für das Nauheimer Eishockey hat sich angesichts der Ereignisse um Weihnachten leider wieder etwas relativiert. Die Verkaufszahlen für Dauerkarten dürften wohl im kommenden Sommer hinter dem letzten Ergebnis zurück bleiben. Auch die Euphorie wird gebremster ausfallen als im letzten Sommer. Jetzt wird es sehr darauf ankommen wie man sich in den kommenden Wochen für die neue Saison 2014/2015 positioniert. Welcher Trainer kommt? Welche Spieler bleiben? Zumindest hier sind ja mit der Weiterverpflichtung von Guryca, Lange, Strauch, Ketter und Ringwald gute Anfänge bereits gemacht. Wie werden sich die GmbH und das Umfeld aufstellen? Kommt in der nächste Saisons der Sprung auf eine neue Ebene hin zu noch mehr Professionalismus durch die längerfristige Einstellung von hauptamtlichen leitenden Angestellten? Aber auch eine klare Zusage für ein weiteres Engagement der aktuell Verantwortlichen kann sicher Optimismus verbreiten.
Sollten sich dann auch noch erwartungsgemäß Frankfurt und Kassel für die DEL2 qualifizieren und – im Falle Kassel – die Probleme abseits des Sports gelöst werden, können auch die Macher der nächsten Saison von guten Zuschauerzahlen ausgehen. Wichtig ist es, der Region und den Fans frühzeitig die Gewissheit zu geben, dass in der kommenden Saison ein weiterer Schritt hin zur Etablierung in der DEL2 gemacht werden wird. Erfahrungsgemäß verzeihen die Anhänger Fehler der Vorsaison relativ schnell und vor allem gerne, wenn nachvollziehbar zu erkennen ist, dass es hier in Colonel Knight Stadion wieder gutes Eishockey geben wird. Denn genau dies bewegt uns alle: Wir wollen rasanten, mitreißenden Sport; eine Mannschaft mit der man sich identifizieren kann und die dann und wann natürlich auch mit Erfolgen in Form von Siegen und einem perspektivisch vielversprechenden Tabellenplatz aufwarten kann. Wenn eine solche Entwicklung abzusehen ist, braucht uns auch weiterhin keine Bange um die Roten Teufel vom EC Bad Nauheim zu sein. In diesem Sinne: auf zu einer erfolgreichen Saison 2014/2015!

 
 
 
 

„Nauheim Hockey" at its best!
(Fotos: EC-Facebook-Galerie)

Nach 7 Playdown-Spielen: Nauheim jubelt, Crimme am Boden!

 
 
 
 

Jubel auch auf der Trainerbank…

… und beim Geschäftsführer. Happy End einer langen Saison

 
 

26. März 2013

 
 
 
 
 
 

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