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2008/2009

Saisonchroniken > 2000er Jahre
 

Klein aber fein

Endlich Frühling! Allem Klimawandel zum Trotz hatten wir einen langen, strengen Winter. Die frostigen, aber sonnigen Wochen im Januar brachten Nachttemperaturen bis -20 Grad und selbst in der Wetterau lag tagelang eine geschlossene Schneedecke. Wann gab es das zuletzt? Aber so sollten richtige Winter ja auch schließlich sein… Doch wen würde hier schon der Winter interessieren, wenn es nicht auch just zu dieser Zeit beim heimischen Eishockeygeschehen hoch her ginge? War diese Saison auch nach dem Geschmack der eingefleischten Fans? Hm… - lassen wir diese Frage zunächst einmal offen und beleuchten die Ereignisse, die diese Spielzeit geprägt haben.

 
 

Die „Konties“ der Saison Kevin Lavallee, Lanny Gare, Ryan Hare, Chris Eade (v.l.n.r.) mit Trainer Fred Carroll (ganz rechts)

Gleich zum Ende der Saison 2007/2008 gab es sehr erfreuliche Neuigkeiten. Die Geschäftsführung wartete mit gern gehörten Überraschungen auf und machte Nägel mit Köpfen: Erfolgstrainer Fred Carroll erhielt einen Zweijahresvertrag plus Option, Kevin Lavellee - der Glücksgriff vom Winter 2008 - verlängerte seinen Kontrakt und mit Ryan Hare, Lanny Gare und Chris Eade kamen weitere vielversprechende Kontingentspieler in die Wetterau. Die Torhüterposition wurde mit Martin Niemz und Daniel Wrobel runderneuert und nicht zuletzt lösten die Verpflichtungen von Zweitligaspieler Marco Ludwig und dem hauptamtlichen Marketingleiter Matthias Broda große Zuversicht unter den Fans aus. „Klein aber fein“ lautete die Devise. GmbH-Führungsmitglied Harald Schüssler meinte gar, dass die Mannschaft besser, aber keinesfalls teurer als das Team 07/08 werden würde. Zweifellos ein Verdienst des Trainers, der bis dato mit sicherer Hand süße, aber preiswerte Rosinen für Bad Nauheim aus dem in- und ausländischen Eishockey-Kuchen gepickt hatte.

 
 

So positiv eingestimmt überraschte im Frühsommer eine Meldung aus der Chefetage: Alleingesellschafter Wolfgang Kurz ließ aus heiterem Himmel eine Budgetunterdeckung von 100.000 € vermelden und setzte sich und seinem Team sofort die Pistole auf die Brust: In kürzester Frist, nämlich bis zum 15. Juni, müsse das Loch über Garantiegelder zu 100 % gestopft werden, um seriös wirtschaften zu können oder aber... oder aber was? Ganz einfach: der Exitus des Nauheimer Profi-Eishockeys sei besiegelt.

Nun ja, da das Ende der Roten Teufel schon so oft an die Wand gemenetekelt wurde, schauten viele mehr irritiert als schockiert drein, denn diese Hiobsbotschaft wollte so gar nicht im Einklang mit den positiven Vorgängen des Frühjahres stehen. Drei Aktionen stampfte man kurzerhand aus dem Boden, um der Finanzlücke entgegenzutreten. Den Fans wurde für 99 € eine EC-Aktie angeboten, deren Gegenleistung im Prinzip nur aus einem selbstbedruckten DIN A4 Blatt bestand, verknüpft mit dem „Schmankerl“ einer Einladung zu einem Mannschaftstreffen und der Mitgliedschaft im neugegründeten „Teufelskreis“. Aktion zwei: Die „50 mal 1000“-Initiative, bei der jedem Spender von (mindestens) 1000 € zugesagt wurde, er dürfe seinen Namen auf das diesjährige Spielertrikot stempeln lassen. Als dritte Maßnahme bot der neue Marketingleiter beim Online-Auktionshaus eBay die Ersteigerung der Hauptsponsoren­würde (und natürlich auch -bürde!) an; Mindestgebot 50.000 €.

Mit Verlaub: Schon im Mittelalter hatten Alchemisten erfolglos versucht aus wertlosem Tand Gold herzustellen. So erübrigt es sich wohl über Erfolg oder Misserfolg dieser drei Aktionen zu sinnieren. Niemand - und das schließt die EC-Geschäftsführung mit ein - konnte wohl ernsthaft erwarten, mit diesen Maßnahmen die angestrebten 100.000 € innerhalb von nur vier Wochen einzuspielen. Letztendlich fingerte man wieder einmal schelmisch nach dem Geldbeutel von Gönnern und Fans, um sie in die Pflicht für das Wohl und Wehe des Profi-Eishockeys in Bad Nauheim zu nehmen. Und weil dies hier in der Kurstadt - unabhängig von der Besetzung der Führungscrew - immer und immer wieder passiert, ging es vielen (berechtigterweise?!?) heftig an und auf die Nerven…

Zu dieser Zeit war das Triumvirat der Geschäftsführung von 07/08 bereits um eine wichtige Person geschrumpft: Harald Schüssler, noch vor Jahresfrist sowohl verantwortlich für die GmbH-Finanzen, als auch Hauptsponsor des Teams, war in aller Stille aus der Führungsriege ausgeschieden. Etwas befremdlich dabei: weder die Tatsache selbst, noch die Gründe dafür waren je eine (noch so klitzekleine) Meldung in den EC-News wert. Weshalb auch immer…

Inzwischen aber mehrten sich die Schlagzeilen über Bad Nauheims Kufencracks nicht nur in der Lokalpresse, sondern sogar in Medien, die schon lange nicht über die Roten Teufel berichtet hatten. Beispielsweise waren BILD-Zeitung und FFH der Wirbel um den Traditionsclub jeweils eine Meldung wert; allerdings jedes Mal mit „Geschmäckle“ wie der Schwabe sagt. Fälschlicher Weise wurde der EC erneut in die Nähe einer Insolvenz gerückt. „Der EC Bad Nauheim ist wieder einmal Pleite“ eröffnete FFH seinen „Propaganda-Spot(t)“, obwohl inzwischen bekannt war, dass die Fehlsumme aus nichts anderem als der geplanten Etaterhöhung von 500.000 auf 600.000 € resultierte.

Am Stichtag, dem 15. Juni, hatten alle Geldbeschaffungsmaßnahmen zusammen knapp 30% der geforderten Summe erbracht (immerhin! - besser als nichts!), darunter auch eine sehr ungewöhnliche Spende der Stadt über 10.000 €. Wohl ein Verdienst der besonderen diesjährigen Bemühungen um die Verbesserung des Verhältnisses zwischen Stadtvätern und Eishockey-Club. Dennoch, gemäß der klaren Ansage von vor vier Wochen, durfte man nicht erwarten im kommenden Winter Oberligakost im Kurpark geboten zu bekommen. Glücklicherweise entschloss sich die Chefetage trotzdem das Wagnis Dritte Liga einzugehen. „Die vielen kleinen Gesten der Fans und Gönner“ waren der GmbH-Führung Beweis genug, dass man in Bad Nauheim weiterhin Profi-Eishockey wünsche... Ups!?!?! War das nicht eigentlich zu jedem Zeitpunkt klar gewesen? Hatten die Fans dies in den vergangenen Jahren nicht durch ungewöhnliche Aktionen, die der GmbH erhebliche Einnahmen beschert hatten, eindeutig genug bezeugt? Dass der gemeine Teufel­sanhänger nicht jedes Jahr bluten kann, sollte der Führungsspitze wohl klar sein!!! Aber haken wir dies ab…

Eine letzte Hürde hatte der EC noch bei der ESBG zu nehmen, denn dort waren die Roten Teufel wohl nicht zuletzt auch durch das hausinterne Finanzhickhack als Wackelkandidat für die Lizenzierung eingestuft worden. Nachdem jedoch das Budget gesichert schien, war die ESBG glücklich nicht einen weiteren Nordvertreter abschreiben zu müssen. So konnte das Abenteuer Oberliga 08/09 beginnen.

Drei Wochen vor Rundenbeginn sammelte das Team um Fred Carroll erstmals Wettkampferfahrung in einem Freund­schafts­spiel. Dem Neu-Zweit­ligisten Dresden mit den Ex-Nauheimern Jason Deleurme und David-Lee Paton trotzte man in einem sehr ordentlichen Spiel ein 4:4 ab, was eindeutig Lust auf mehr machte.

 
 
 
 

Kevin Lavallee wieder einmal auf und davon...

… und schon hat es im gegnerischen Kasten geklingelt!

 
 

Doch zur weiteren Vorbereitung begab sich der EC Tross erst einmal auf Reisen. Was in früheren Jahren ganz normal war und des Öfteren praktiziert wurde, brach vor dieser Saison eine weitere Diskussion vom Zaun. Frei nach Dichterfürst Goethe lautete die provokante Frage: „Warum in die Ferne schweifen, wenn der Kurpark liegt so nah?“ Der Stammverein hatte bereits entsprechende Eiszeitkontingente von der Stadt erstanden und bot diese nun - quasi als Zwischenhändler - der GmbH an. Viele verstanden die Ablehnung der Geschäftsführung nicht und vermuteten dahinter lediglich Animositäten zwischen Stammverein und GmbH. Dass einige Personen in beiden Lagern einfach nicht miteinander konnten, war inzwischen ein offenes Geheimnis. Die GmbH aber rechnete vor, dass ein auswärtiges Trainingslager wirtschaftlicher sei und entschied sich für eine Vorbereitung bei einem Turnier in Polen. Das bot natürlich auch die Gelegenheit, in Ruhe die Grund­lage für ein gutes mannschaftliches Miteinander zu legen, neue Strategien bei Gegnern zu testen, denen jedes „Spionage­potential“ abging und gleichzeitig Geld zu sparen. Warum also nicht? Angesichts des seit zwei Jahren an den Tag gelegten Versuches, möglichst transparent seine Entscheidungen einem breiten Publikum kundzutun, ist es wohl die Kehrseite der Medaille, dass genau dieses Publikum sich immer genötigt fühlt alles in Frage zu stellen oder zumindest kritisch zu kommentieren. Vielleicht nicht der allerbeste Ansatz für eine positive Außendarstellung… (aber wer im Glashaus sitzt… ich weiß, ich weiß! J)

Die Fahrt in den Osten erwies sich als voller Erfolg. Gegen Vereine aus der Slowakei (Povazska Bystica; 10:3-Sieg), Polen und Ungarn spielte man auf unerwartet hohem Niveau und dazu noch super-erfolgreich. Den international besetzten Wettbewerb beendeten die Roten Teufel auf Platz 2, stahlen der Heimmannschaft Sosnowiec die Endspielteilnahme durch einen 3:2-Sieg und unter­lagen nur dem ungarischen Meister Alba Volan im Finale denkbar knapp mit 1:2. Die neuen Goalies zeigten dabei Leistungen, die in der heimischen Presse Lobeshymnen auslösten. Aber auch Verteidigung und Angriff schienen um eine Klasse stärker als zur Vorsaison. In sieben Vorbereitungsspielen gab es vier Siege, ein Unentschieden und nur zwei Niederlagen, was bei einem Torverhältnis von 37:26 die Erwartungshaltung der Fans für den Saisonauftakt in die Höhe trieb. Umso mehr, als kurz vor Rundenbeginn mit Sven Gerbig auch noch eine weitere, für die Oberliga sicherlich hochkarätige, Verstärkung an Land gezogen werden konnte. Das Nauheimer Eigengewächs unterschrieb beim EC einen Vertrag, allerdings mit einer Ausstiegsklause für den Fall, dass ein höherklassiger Verein sein Interesse anmelden würde.

Die Punktrunde begann mit einem Auswärtsspiel in der stark eingeschätzten Südstaffel. In Grafing siegten die Kurstädter beim EHC Klostersee deutlich mit 2:5. Was für ein Auftakt!!! Und am Sonntag sollte zum ersten Heimspiel der Nord-Aufstiegsfavorit Nr. 1, die Hannover Indians, im CKS gastieren…

Gleich also eine volle Hütte, so dachten die meisten, als sie Sonntagsabends erwartungsfroh ins Stadion strebten. Ein wenig Ernüchterung machte sich breit, als nur gut 1100 Zuschauer das Spiel sehen wollten. Was dieses Match jedoch spielerisch zu bieten hatte, war atemberaubend. Zu keinem Zeitpunkt hatten die Norddeutschen eine echte Chance. Bad Nauheim wirbelte, kombinierte und brillierte auf der ganzen Linie. Immer wieder prasselte Szenenapplaus auf die Teufel hernieder und mit wiederum 5:2 festigte man die Position an der Tabellenspitze des Klassements.

Auf dem Nachhausweg ging einigen Fans sicherlich die Frage durch den Kopf, ob es denn auch heuer wieder eine dieser typischen x8/x9-Saisons geben könne, die schon in den vorangegangenen Dekaden 1988/89 und 1998/99 für Furore gesorgt hatten. Damals waren Ricky Alexander, Chevy & Co bzw. Frank Carnevale/Miroslav Berek mit Dino Felicetti, Marc West und Team jeweils knapp am Aufstieg zur deutschen Eliteliga gescheitert…

Die Mannschaft spielte auch in den folgenden Begegnungen sehr leidenschaftlich, dennoch blieb der Erfolg in Form von voller Punktzahl das ein oder andere Mal versagt. Ein 6-Punkte Wochenende wie zum Auftakt sollte den Roten Teufeln erst wieder Ende November beschieden sein. Einige Begegnungen verlor man verdammt unglücklich noch auf der Zielgeraden, andere in der Overtime oder im Penalty-Shooting. Doch holte man dafür auch Punkte, mit denen niemand gerechnet hatte. Hannover, beispielsweise, gab in der ersten Saisonhälfte für Bad Nauheim einen sehr dankbaren Gegner ab. Nach dem überlegenen Sieg im ersten Heimspiel, durfte Rotweiß auch im Rückspiel am Pferdeturm einen Zähler mitnehmen, bevor die beiden nächsten Partien gegen die Indians sogar wieder gewonnen wurden. Andere Vereine dagegen behagten den Kurstädtern weniger, doch alles in allem punktete man beständig und lief zu keiner Zeit Gefahr die Playoff-Ränge zu verfehlen.

 
 

Umso enttäuschender die Entwicklung der Zuschauerzahlen. Kamen anfangs der Saison im Schnitt noch gut 1000, so schrumpfte die Zahl fast bei jedem Heimspiel ein wenig, bis endlich nur noch zwischen 800 und 900 Besucher je Partie die Stadiontore passierten. Ehrlich gesagt, war dies ein unbegreifliches Phänomen. Sicherlich, der diesjährige Modus brachte immer wieder die gleichen Teams in den Kurpark, was nicht unbedingt für Abwechslung sorgte. Doch wie gesagt: die Teufel zeigten Leidenschaft, Biss und fast immer sehr gefälliges Eishockey. Auf die letzten Jahre bezogen, mit Sicherheit das Beste, was im CKS seit dem Zweitligaabstieg geboten wurde. Deshalb blieb die Tastasche nicht nachvollziehbar, aber leider wahr: Die Zahl der Stammgäste war in diesem Jahr wiederum bescheiden. Spätestens hier muss man der GmbH-Führung Respekt für ihre Weitsichtigkeit zollen. Nicht wenige (und ich gestehe, dass ich mich dazu zählen muss) hatten den kalkulierten Saisonschnitt von 1000 Besuchern angesichts der Qualität dieser Mannschaft als viel zu pessimistisch angesehen. Dass man im Sommer partout  nicht gewillt war das Budgetrisiko durch eine optimistischere Einschätzung der Zuschauerzahlen zu akzeptieren, hatten viele Fans nicht verstanden. Bereits gegen Ende des Jahres 2008 aber musste man einräumen, dass die Realitäten nicht anders gelagert waren. Die Zahl der Bad Nauheimer Teufelsanhänger konnte sich im Vergleich zur Vorsaison, trotz weitaus attraktiverem Eishockey, nicht steigern.

Selbst der „Goldene November“, in dem das Team praktisch von Sieg zu Sieg eilte, vermochte daran nichts zu ändern. Sportlich legte man in dieser Zeit jedoch den Grundstein zur Playoff-Qualifikation. Mit Riesenschritten ließ man die direkte Konkurrenz hinter sich und zog zeitweise einen 25 Punkte tiefen Graben zwischen sich und einen Nicht-Playoff-Platz. Eine Full-House-Aktion am Tag vor Heilig Abend bescherte endlich einmal ein gut gefülltes Stadion. Knapp 2300 Besucher gaben das Gefühl, im CKS geschähen tatsächlich wieder Dinge von überregionaler Tragweite. Leider spielte die Gastmannschaft nicht so recht mit.

Tobias  Schwab  war  bester  deutscher  Scorer  im  Team 2008/2009

 
 

Zwar war es wieder das bis dato so gut gelittene Hannover, doch zeigten sich die Indianer als Spielverderber und nahmen ein selbstgemachtes Weihnachtsgeschenk in Form von drei Punkten mit nach hause.

Mit der sportlichen Situation hätten man gut leben können, hätte sich im Dezember nicht einiges zugetragen, was den EC-Verantwortlichen Sorgenfalten auf die Stirn treiben musste. Zum einen hatte Sven Gerbig seine Vertragsoption ge- und sich verzogen; und zwar in Richtung Frankfurt Lions. Nun ja, mit seinem Abgang war zu rechnen gewesen… aber ausgerechnet in die Mainmetropole??? Nicht allen Fans gefiel das. Noch dazu, wo klar war, dass Gerbig in der DEL sehr wenige Eiszeiten bekommen würde. In der Oberliga war er der gefeierte Techniker mit dem unübersehbaren Bonus des Lokalmatadors; in Frankfurt jedoch nichts als der Lückenbüßer für den Notfall… aber das musste er mit sich selbst ausmachen. Des Weiteren gab Marketingleiter Matthias Broda zum Jahresende seinen vorzeitigen Abschied. So ganz schien die Chemie zwischen ihm und der EC-Führung nicht mehr zu stimmen, denn auch im Fan-Forum hatte er sich wiederholt nicht ganz im Sinne der Führungsriege geäußert.

Zu allem Überfluss verließ auch noch Dennis Cardona die Mannschaft. Und hier gab es in der Tat befremdliches zu Lesen. Stand in den offiziellen EC-News, dass Cardona seinen beruflichen Werdegang und Eishockey zeitlich nicht mehr unter einen Hut bringen könne, so musste man in der Lokalpresse lesen, es gäbe erhebliche Missstimmung zwischen ihm und dem Erfolgs­trainer wegen Nichtberücksichtigung seiner Talente und zu weniger Einsätze. Zugegeben, Dennis musste sehr oft in der Verteidigung aushelfen anstatt seinen Part im Sturm zu erfüllen, wo er sich doch gerade dort am effektivsten zeigte. Verständlich also aus der Sicht des Spielers; jedoch genauso verständlich aus der Sicht des Trainers, der gerade im Spätherbst und Frühwinter erhebliche Personalprobleme in der Abwehr kompensieren musste. Marco Ludwig hatte sich in einem Spiel verletzt und fiel für mehrere Monate komplett aus. Als noch weitere Defensivkräfte wegen Krankheit, Verletzung oder Spielsperren pausieren mussten, konnte der EC teilweise mit nur drei gelernten Verteidigern auflaufen. Cardona, schon als Zweiwegespieler unter Vertrag genommen, wollte sich aber wohl auf längere Sicht nicht in dieser Position sehen. So verschwendete er für den Rest der Saison sein Talent in der hessischen Landesliga beim „Weltclub“  Wallershausen.

Sei’s drum. Die Suche nach neuen Spielern - vor allem nach einem gestandenen Verteidiger - gestaltete sich extrem schwierig. Stürmer waren schon eher im Angebot und so holte man zunächst Sven Breiter vom Ligakonkurrenten Hannover Indians als Gerbig-Ersatz. Dennoch musste die sowieso schon zahlenmäßig kleine Mannschaft des Öfteren in Minimalbesetzung antreten. Der resultierende Substanzverlust war gerade zu Beginn des neuen Jahres nicht zu übersehen. Auch als mit Heiko Vogler vom Zweitligisten Heilbronner EC endlich die erhoffte Defensivverstärkung kam, wollte der anfängliche Elan nicht so recht zurückkehren. Mangelnde Konzentration infolge von Kräfteverschleiß ließen die im Herbst an den Tag gelegte Leichtigkeit mehr und mehr vermissen. Dabei konnte eigentlich niemand dem Team etwas vorwerfen; gekämpft wurde immer. Aber das Abbröckeln der Leistung (und letztlich auch des Erfolges) war keineswegs fördernd, die Zuschauerzahlen noch einmal in die Höhe zu treiben. Der Gesamtschnitt lag - was im Sommer niemand für möglich gehalten hätte - trotz Full-House-Aktionen am Ende der Vorrunde bei gerade mal 952 Besuchern und damit sogar noch geringfügig unter dem bisherigen Minusrekords aus dem Vorjahr (960).

Doch zurück zum sportlichen Abschneiden. Der Abstand zwischen dem EC und seinen Verfolgern schmolz im Januar und Februar langsam aber stetig dahin zumal sich beim Herner EV eine ungeahnte Leistungsexplosion einstellte. Kein Wunder, denn die Herner agierten in dieser Saison als Farmteam des DEL-Clubs Duisburger Füchse. In Personalunion fungierte Ralf Pape als Geldgeber sowohl der Füchse als auch der Crusaders. Duisburg - in der DEL wieder einmal beizeiten weit abgeschlagen von jeglicher Playoff-Chance - wurde vom stinksauren Eigentümer ab- und Herne entsprechend aufgerüstet. So eilten die „Kreuzritter“ in der Ober­liga nun von Sieg zu Sieg, schlugen zeitweise nach Belieben jedes Spitzenteam aus Nord- und Südgruppe und machten sich selbst auf, noch die Oberliga-Playoffs zu buchen.

Hannover, Leipzig, Bad Nauheim, Rostock… so lautete lange Zeit der erwartete Zieleinlauf. Doch Herne punktete sich permanent an das Führungsquartett heran. Während Rostock emsig dagegenhielt, wechselten bei den Teufeln immer häufiger Licht und Schatten. Das Torhüterduo geriet dabei zunehmend in den Focus, denn sowohl Martin Niemz als auch Daniel Wrobel zeigten mehr Nerven als allen lieb war. Sie hielten zwar mitunter bravourös, doch rutschte immer wieder auch einmal ein „Kappentor durch die Hosenträger“.

Spätestens Ende Februar/Anfang März sahen viele die Felle davon schwimmen. Rostock hatte bis auf zwei Punkte verkürzt und Herne hatte noch immer seinen Lauf. Die Playoff-Situation gestaltete sich zusehends unberechenbarer. Maßgeblich dazu bei trugen auch die Blue Lions aus Leipzig. Der Sachsenclub war mit etwa einer Million Euro in die Miesen geraten und ließ seinen hochdotierten Kader seit Januar aus Steuergeldern bezahlen, sprich: war insolvent. OK, da brauchen gerade wir uns nicht allzu weit aus dem Fenster zu lehnen, denn das haben bereits viele Clubs vor ihnen getan. Doch was im Anschluss daran als „Leipziger Allerlei“ aufgetischt wurde, war schon ziemlich einmalig. Zunächst verhärtete sich das Gerücht, Leipzig sei angesichts der Pleite von den Playoffs automatisch ausgeschlossen. Gut für Herne, denn urplötzlich berechtigte nun der 5. Platz zur Playoff-Runde. Und ebenso gut für den EC, und zwar in doppelter Hinsicht. Hielt man den derzeitigen dritten Platz so durfte man als zweitbester Playoff-Teilnehmer das lukrative Heimrecht für sich in Anspruch nehmen. Und sollte dies nicht klappen, nun so war zumindest die Playoff-Teilnahme so gut wie gesichert.

Dann verkündeten die Sachsen gar den freiwilligen Verzicht auf die Playoffs, stellten aber die Bedingung im nächsten Jahr wieder in der Oberliga antreten zu dürfen. Eindeutig ein Verstoß gegen das ESBG-Reglement. Als einige Clubchefs – und trotz der Vorteile für den EC auch Wolfgang Kurz - diesem Deal heftig widersprachen, wollte Leipzigs Insolvenzverwalter nun die Teilnahme einklagen, glaubte er sich doch rechtlich dazu verpflichtet alle realisierbare Einnahmequellen für die Erhöhung der Konkursmasse nutzen zu müssen. Das Hickhack zog sich über einige Wochen und spaltete die Oberliga-Clubs in zwei konträre Lager. Letztendlich fordertet der DEB die Oberligisten auf in einer Abstimmung über das Schicksal der Blue Lions zu entscheiden. Seltsamerweise wurden neben den direkt betroffenen Oberligavertretern auch die Zweitligisten in dieses Votum miteinbezogen und selbst der DEB stimmte mit ab. Leipzig erhielt die Zusage zum Startrecht in Liga 3 aufgrund einer Mehrheit von einer einzigen Stimme. Vollends zur Farce wurde das Ganze als nach einer etwas undurchsichtigen Auszählung bekannt wurde, dass die Mehrheit lediglich aufgrund einer missbrauchten Leihstimme zustande gekommen war. Füssen hatte den Termin nicht wahrnehmen können und Peiting eine Stimmvollmacht erteilt. Eigentlich sollte die Füssener Stimme ein Veto einlegen, Peitings Vertreter aber stimmte nicht nur mit der eigenen, sondern auch mit der Stimme des Altmeisters pro Leipzig und berief sich darauf, die Vollmacht sei formal nicht an eine Bedingung geknüpft gewesen. Angesichts dieser Sachlage kann man fast sicher sein, dass im kommenden Sommer die Bühne für ein munteres Komödienstadel bereitet ist.

Kein Wunder, dass die EC-Führung schon frühzeitig klipp und klar den sportlichen Aufstieg in die zweite Liga als Wunschziel ausgab. Nur raus aus dieser Chaosliga… doch sollte man dabei bedenken, dass auch die zweite Liga eine ESBG-Liga ist und ihre schwarzen Schafe hat, wie das Beispiel EC Bad Tölz in dieser Saison demonstrierte. Nichtsdestotrotz war natürlich sportlich der Wunsch eine Liga höher aktiv sein zu wollen voll und ganz nachvollziehbar und wurde auch von den meisten Fans sehr begrüßt. Selbst im Falle des sportlichen Scheiterns, versprach man eine zweigleisige Planung für die kommende Spielzeit durchzuführen. Um für den Eventualfall gerüstet zu sein, hatten die Verantwortlichen schon einige Wochen zuvor die Anstrengungen verstärkt, wenigstens für den Rest der Saison noch einen Brustsponsor zu gewinnen und das verwaiste Marketing­ressort wieder neu zu besetzen.

Beides gelang erfreulicherweise bereits im Februar 2009, kurz nachdem auf den letzten Drücker mit John Hooks von den Amarillo Gorillas noch ein letzter Teamzugang präsentiert werden konnte. Sponsor wurde der Malerbetrieb Hombach aus dem Westerwald und im Marketingteam fanden sich mit Jörg Barthel, Christian Wicker und Michael Flemming gleich drei Personen zusammen.

Zum Ende der Punktrunde erreichte der EC sein erstes Etappenziel deutöicher als man es noch vor Wochen erwartet hatte. Dank zweier Kantersiege gegen Deggendorf (13:2 auswärts und 12:1 zuhause) ging man mit drei Punkten Vorsprung vor Rostock über die Ziellinie, hatte Heimrecht gegen ebendiese Piranhas und träumte gar vom Erreichen des Finales.

Am Freitag, den 27. März wurden um 19:30 Uhr im CKS die zehnten Play-Offs im Profibereich eröffnet (2006/2007 hatte es ja zwischenzeitlich noch welche im Amateurbereich gegeben). Vom ersten Bully weg konnten sich die über 2100 Zuschauer - endlich erschienen sie in angebrachter Anzahl - nur die Augen reiben. Was der EC mit den Piranhas anstellte war unglaublich. Im ersten Drittel überrannten sie die Ostseestädter mit 3:0, legten im 2. Drittel noch einmal zwei Tore nach, bevor im letzten Drittel der überaus verdiente 6:3-Erfolg über die Zeit gebracht wurde. Allen voran die Reihe um Lanny Gare, Jan Barta und Tobias Schwab nahmen Rostock förmlich auseinander. Und dies nicht nur in diesem Spiel. Auch in Rostock dominierte man und stellte mit einem noch deutlicheren 6:2 die Weichen auf Finaleinzug. Was besonders verwunderte, war die Abgebrühtheit und Cleverness mit der man agierte. Daniel Wrobel, lange Zeit nur Torwart Nummer 2, bestach durch eine herausragende Leistung und sorgte als selbstbewusster Rückhalt für die nötige Sicherheit. Schon im Spiel drei (5:3 Sieg) durften alle Nauheimer den Finaleinzug bejubeln und das Schlagwort „Sweep“ (= Feger) machte die Runde. Genau zur richtigen Zeit schien Fred Carroll seine Jungs wieder da zu haben, wo sie bereits am Saisonanfang gestanden hatten – vielleicht sogar noch einen Schritt weiter...?

Die Tage um Ostern waren Finalspieltage, der Endspielpartner die Hannover Indians! Herne hatte im Halbfinale zwar aufopferungs­voll Paroli geboten, doch unterlagen die Crusaders letztlich mit 1:3 Spielen. Also kreuzten die Roten Teufel im Finale genau mit jenen Indians die Schläger, gegen die schon zum Saisonauftakt so fulminant aufgetrumpft werden konnte.  Doch diesmal stand der „Feger“ auf der anderen Seite. Mit drei glatten Siegen (6:2, 5:1 und 6:1) schafften die Hannoveraner im fünften Anlauf endlich den Aufstieg in die Zweite Liga. Bad Nauheim blieb „nur“ der warme Geldregen in Form einer satten Zusatzeinnahme, denn zu den beiden Halbfinalspielen kamen zusammen 4051 und im Finale gar 3526 Besucher in einer einzigen Begegnung. Schade nur, dass gerade dieses Match von einer äußerst mangelhaften Schiri-Leistung überschattet wurde und 5 Minuten vor Ende knapp an einem Spielabbruch vorbeischlitterte. Ausgelöst von ständigen Benachteiligungen und unzähligen nichtgeahndeten Tätlichkeiten gegen das Teufelsteam, rastete Lanny Gare aus, als eine kleine Strafe auf Reklamieren der Hannoveraner in eine 5-Minuten-Strafe mit Spieldauer-Diszi umgewandelt wurde. Daraus entwickelte sich eine Massenkeilerei, bei der alle Spieler beider Mannschaften beteiligt waren und in wenigen Minuten das Eis in ein Schlachtfeld verwandelten. Unbeherrschte  Zuschauer taten das Ihrige und übersäten das Spielfeld mit Pappbechern, Feuerzeugen und Münzen. Ein wahrlich unschöner Abschluss vor der diesjährigen Rekordkulisse, der in allererster Linie dem unterirdisch schlechten Pfeifenmann zuzuschreiben war.

 
 

Kommen wir also zum Ende noch einmal auf die eingangs zurückgestellte Frage nach der Bewertung dieser Saison. Nun, mit der unerwarteten Finalteilnahme, war diese Runde ohne „Wenn und Aber“ sportlich überaus erfolgreich. Und auch im wirtschaftlichen Bereich müssten die Zahlen zufriedene Gesichter in der Geschäftsstelle hinterlassen haben, denn legt man die nichtkalkulierten Playoff-Besucher auf die Punktrunde um, so ergibt sich ein Schnitt von 1233 und somit ein Plus von 6303 zahlenden Gästen. In Euro umgerechnet dürfte dies ein Plus von mindestens 50.000 € ergeben und somit auch den nicht vorhandenen Hauptsponsor der ersten Monate ausgleichen. Dass es letztendlich heuer (noch) nicht zum Aufstieg gereicht hat, wird man in der Kurstadt und Umgebung wohl verkraften können. Zumindest bildet diese Runde eine sehr solide Basis für die kommenden Aufgaben. Man sollte wohl davon ausgehen können, dass die vor zwei Jahren neu angetretene Führungs­riege inzwischen einige Erfahrungen im Profi-Geschäft gesammelt hat. Mit Fred Carroll an ihrer Seite sind hinter den Kulissen sicherlich schon einige Planungen in Arbeit und können ab sofort konkretisiert werden.

Hoch her ging es  in den Finalspielen gegen Hannover, da flogen nicht nur Spieler durch die Luft….

 
 

Wie das Team 2009/2010 aus­sehen wird, hängt wohl maßgeblich vom Erfolg des neuformierten Marketingteams ab. Auf jeden Fall darf man gespannt sein, wie sich der Sommer entwickeln wird. Ein selbstgemachtes Lamento á la 2008 dürfte (und wird hoffentlich auch) im bevorstehenden Sommer ausbleiben können.

Zum Schluss noch eine ganz persönliche Anmerkung: Nach der Posse um Leipzig, der noch ungeklärten Frage des nächstjährigen Oberligamodus, dem Zweit­ligaausstieg von Bad Tölz, dem Rückzug von Duisburg aus der DEL und dem damit eventuell verbundenen Nachrücken des Zweitligameisters, könnte im Sommer noch so einiges in der deutschen Eishockeylandschaft in Bewegung kommen. Heute also bereits völlig auszuschließen, dass sich für den Finalteilnehmer EC Bad Nauheim nicht doch noch ein Hintertürchen zur 2. Bundesliga auftun könnte, wäre wohl ver­früht. Sollte sich eine Gelegenheit zur Klassenverbesserung ergeben, wäre es in meinen Augen wünschenswert diese Option - wenn irgendwie machbar - zu ziehen. Im Finalmatch hat man so viele bekannte Gesichter aus „alten Zeiten“ wieder gesehen, dass man der Glaube an ein breiteres Stammpublikum einfach nicht sterben lassen darf. Es gibt sie noch zu hunderten, die Teufel-Sympathisanten. Und genau an diese geht der an dieser Stelle schon fast traditionelle Aufruf: Liebe Unentschlossene, springt endlich über euren Schatten und stärkt dem Bad Nauheimer Eishockey durch regelmäßiges Kommen wieder den Rücken. Ohne euch - ohne einen festen Stamm von mindestens 1500 – 2000 Fans wird es nicht wirklich voran gehen; nicht in der Oberliga und schon gar nicht in einer zweiten Bundesliga. Aber genau die sollte so langsam wieder am Planungshorizont angepeilt werden. Die sportlichen Voraussetzungen hat diese Saison eindeutig geschaffen.

Aber warten wir es einfach ab, verabschieden uns in die Som­mer­pause und drücken schon jetzt die Daumen für das, was uns ab September wieder alle zur großen Teufelsfamilie im CKS vereint. Macht‘s gut und holt euch keinen Sonnenbrand…

 
 

16. April 2011

 
 
 
 
 
 

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