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Bierbike, Demo und ein Schock
Dieser Sommer 2009 war aus Nauheimer Eishockeysicht fast langweilig. Während die ganze Stadt der bevorstehenden Landesgartenschau wegen nur so von Baustellen strotzte, hielt sich der Umbau beim EC in recht überschaubaren Grenzen. Es war ruhig an der Eishockeyfront. Wohl einer der ruhigsten Sommer der letzten Jahre überhaupt. Kein Hickhack um Eintrittpreise, keine Querelen um den Saisonetat, weder hausgemachtes noch verbandsseitiges Sommertheater…
Alles blieb sozusagen beim Alten. Es blieb sogar mehr beim Alten, als noch im Frühjahr zu erwarten gewesen war, denn da schien eine Zweiteilung der Oberliga bereits beschlossene Sache. Doch musste man auf Seiten der ESBG erkennen, dass dieses Vorhaben mangels Masse nicht zu bewerkstelligen war. Zu viele Clubs verweigerten sich der befürchteten kostenintensiven Liga. Mit Herne, Dortmund und Bad Nauheim blieben nach dem Rückzug von Rostock, Halle, Berlin und Leipzig gerade mal drei kleine Negerlein für eine potentielle Nordliga übrig. Zu viele, um komplett dicht zu machen, aber definitiv zu wenig, um auch nur annähernd die Planungen vom Frühjahr aufrecht zu erhalten.
So entschloss sich die ESBG schweren Herzens zu einem Rückzieher, den man in Bad Nauheimer jedoch nur begrüßen konnte. Eine bundesweite Oberliga ist für die zentral gelegene Kurstadt mit Sicherheit die interessanteste Lösung. Doch tummelten sich vor Jahresfrist noch 16 Vereine in der Gesamtliga, so reduzierte sich das Feld nun gleich um fünf Teilnehmer. Im Süden schmollten die Clubs und widersetzten sich dem Aufstieg. Die Bayernliga wollte -
Bad Nauheim hätte den umgekehrten Weg gehen können. Eine Anfrage aus dem ESBG-
Der neue Teufelskader ließ denn auch durchaus hoffen. Der Kontingentspielerreduzierung traten die EC-
In der Verteidigung tauschte man Marco Ludwig und Kevin Gall gegen Marc Kohl (Jungadler Mannheim) und Rückkehrer Andre Mangold (Eisbären Juniors Berlin) aus. Komplett neu besetzt wurden die Torwartpositionen. Nach den durchwachsenen Erfahrungen der Vorjahre mit Goalie-
Soweit die Geschehnisse des Sommers. Eis gab es in diesem Jahr spät wie selten zuvor im CKS. Erst in der dritten Septemberwoche konnte die Stadt das notwendige Übungsparkett bieten. So musste auch dieses Jahr ein Trainingslager im Ausland stattfinden. Bis dato konnten nur Tobias Schwab und Patrick Gogulla einige Eiseinheiten vorweisen, denn Lions-
Doch zurück zu unseren Roten Teufel. Die Vorbereitung verlief recht durchwachsen. Gegen die ausländischen Clubs, für deutsche Ohren durch die Bank weg „Nobodies“, konnte man Siege einfahren. Niederlagen hingegen setzte es gegen die inländische Konkurrenz. Bedenklich, dass es sich bei diesen Gegnern nicht einmal um Oberliga-
Der mittelprächtige Erfolg der Vorbereitung setzte sich auch zum Punktspielauftakt am 2. Oktober fort. In Peiting gab es eine schmerzliche 1:7-
Das erste Saisonhighlight stieg am 23. Oktober gegen die Starbulls aus Rosenheim. Andreas Ortwein hatte für dieses Spiel die „Sensation der Saison“ angekündigt und 1700 Fans folgten neugierig der Einladung. 1700(!) – Wann hatte es das zum letzten Mal in einem normalen Oberliga-
Zu Mieten für feuchtfröhliche Partyzwecke: das EC BierBike
Doch wo war Fred Carroll? Leider wurde auf den Pressekonferenzen nur lapidar vermeldet, dass der Trainer krank sei. Solch platte Aussagen hatten sich in der Vergangenheit schon allzu oft als Vorboten einer Trennung erwiesen und so schossen die Spekulationen rasch ins Kraut.
Aber der nächste Höhepunkt wartete bereits ein Woche später. Auch in Füssen hatten die Teufel gesiegt, sogar sehr deutlich mit 8:2, sodass man seit der Auftaktniederlage gegen Peiting ungeschlagen war. Mit einem Sieg gegen die „Übermannschaft“ Herne sollte ein weiterer Coup gelandet werden. Die „Crusaders“ waren Dank Mäzen Rolf Papes scheinbar nie versiegender Geldschatulle kräftig aufgemotzt worden. DEL-
Das Spiel gegen Herne brachte dem EC einen neuen Saisonrekord. Gut 2000 Zuschauer (aber „nur“ 1893 Zahlende) säumten den Ring und sahen erneut einen kämpferisch starken EC Bad Nauheim. Als „Piwo“ in der 10. Minute das 1:0 machte, war sie wieder da, die „Gänsehautatmosphäre CKS“! Leider gab es am Ende nicht den erhofften Sieg. Mit 3:5 entführte Herne die drei Punkte in den Ruhrpott. Den Zuschauern schien es trotzdem gefallen zu haben, denn sie sollten wiederkommen…
Doch seltsam; wie schon in Füssen fehlte Fred Carroll erneut. Die Unkenrufe, der Trainer sei auf dem Absprung, hatten sich schon verstärkt. Von wegen Krankheit; Gerüchten zufolge hatte man Carroll vor dem Rosenheim-
Manchmal aber ist die Realität grausamer als die schmählichste Gerüchteküche. Auf der Pressekonferenz nach dem Spiel gegen Herne gab Andreas Ortwein den wahren Grund von Carrolls Abwesenheit bekannt: Beim Trainer war -
Sportlich gab es zunächst keinen Einbruch wegen seines Fehlens. Marcus Jehner machte seinen Job ausgezeichnet. Es gab Siege mit denen keiner gerechnet hatte -
Wer nun glaubte nach diesem überwundenen Schicksalsschlag könne man sich endlich wieder voll aufs Sportliche konzentrieren, nun, der täuscht sich – wie so oft in der Bad Nauheimer Eishockeygeschichte… Was bereits weiter oben angeklungen ist, drängte sich nun vehement in die Köpfe der hiesigen Eissportfans. Schon lange träumte Nauheims Bürgermeister Witzel davon das kostenintensive Stadion im Kurpark abreißen zu können und stattdessen eine neue Arena auf dem Stollgelände zu errichten. Las man am 26. September 2009 noch als Schlagzeile der WZ „Neues Stadion soll in 3 Jahren stehen – Zu den Plänen gibt es keine Alternative“, so schwand die Machbarkeit dieses Anliegens zusehends. Kein Grund jedoch für den Rathauschef, seinen Traum zu verwerfen. Obwohl weder Stadtpolitiker noch Fans ein neues Stadion wirklich wollten, verteidigte der Bürgermeister beharrlich sein Anliegen. Im Stadtparlament kam es zu einem ersten Eklat als Witzel kurzerhand seinem ersten Stadtrat die Verantwortlichkeit für dieses Thema entzog. Dieser hatte sich öffentlich den Wünschen seines Chefs widersetzt und einer Sanierung des altehrwürdigen Stadions den Vorzug gegeben.
Der Frust über die Rathausdiskussion musste einfach raus. Eine Demo verschaffte Luft.
Als am 14. Januar 2010 die WZ verkündete, dass der Neubau vom Tisch und die Instandsetzung des Stadions so gut wie beschlossen sei, atmeten nicht wenige erleichtert auf, bedeutete diese Entscheidung doch auch, dass die Kultstätte CKS nicht der Abrissbirne anheim fallen würde. Die Erleichterung währte aber nur wenige Tage, denn schon am 20. Januar schwangen sich einige politische Gruppierungen auf, die Sinnhaftigkeit eines Eisstadions in Bad Nauheim generell in Frage zu stellen. Angesichts der leeren Stadtkassen, der Wahnsinnsausgaben für die Landesgartenschau und der hohen Kosten für eine Stadionsanierung (man sprach von 1 Mio € für eine umgehend notwendige Dachsanierung und weiteren 800.000 € für die Renovierung vom Hauptgebäude), forderten einige allen Ernstes Eissport vom Angebot der Kurstadt ersatzlos zu streichen. Weniger „radikale Witzbolde“ schlugen vor, zu einer Freiluftarena zurückzukehren, was natürlich auch das Ende des Profi-
Unglaublich – wieder einmal grüßte das Murmeltier. Man lese nur die frühen Chroniken des Eissports in „Höllenspaß und Höllenqual“. Seit den 50ger Jahren des letzten Jahrhunderts ist diese Thema ein „Dauerlutscher“ der Politik mit mehr oder weniger heftigen Wehen. In diesem Winter waren es wieder einmal sehr heftige Versuche, das Stadion und den Eissport zu kippen. Doch zum Glück erhoben sich auch heuer die Massen und probten den Gegenaufstand. Fernsehen, Rundfunk und Presse, andere Eishockeyclubs und nicht zuletzt auch wieder Erich Kühnhackl solidarisierten sich mit den wetterauer Eissportbegeisterten und stimmten ein Credo für das CKS an. Vor dem zweiten Heimspiel gegen Herne fand eine Großdemo für den Erhalt des Stadions und des Eissports statt. Rund 500 Demonstranten pilgerten mit Transparenten, Trommeln und lautstarken Parolen vom Marktplatz durch die Stadt ins Stadion. Mit Erfolg! Plötzlich waren Politiker (fast) aller Parteien für die Sanierung und sogar der Bürgermeister outete sich als „Eishockeyfan“, der schon in früher Jugend ins Stadion zu Spielen des VfLs gepilgert sein wollte, um seinen Nachbarn und Freund Rainer Philipp anzufeuern… Nun ja, nicht nur uns Eishockey-
Aber wir haben nun komplett den sportlichen Faden verloren – greifen wir diesen also wieder auf. Das erklärte Ziel in Bad Nauheim war von Anfang an ein Platz mit Heimrecht für die Playoffs, sprich Platz vier oder besser. Recht schnell konnte man dieses Ansinnen etwas konkreter fassen und auf Rang vier reduzieren, denn Peiting, etwas überraschend Dortmund und wie erwartet der Herner EV zogen bis zum Jahreswechsel uneinholbar auf und davon. Pendeltet der EC zunächst noch zwischen Platz acht (2. Spieltag) und Platz drei (7. Spieltag), so stabilisierte sich dies später um den fünften Tabellenplatz herum. Gegen Mannschaften der unteren Tabellenhälfte wurde meist pflichtgemäß gewonnen, aber die Spiele gegen die direkte Konkurrenz um Platz vier versemmelte man dann doch. Die Gefahr die Playoffs insgesamt zu verpassen bestand dabei eigentlich nie ernsthaft, aber leider verloren sich die Bemühungen zunehmend in der Bedeutungslosigkeit des Mittelmaßes.
Mit dazu bei trug sicherlich auch die Tatsache, dass erst am vorletzten Wochenende der Punktrunde ein Match in Bestbesetzung bestritten werden konnte. Bezeichnenderweise ging aber prompt dieses Match total in die Hosen. Grund für die vielen Ausfallzeiten waren einerseits eklatante Schiedsrichterleistungen, andererseits unglaubliches Verletzungspech. Besonders in der ersten Hälfte der Saisons haderten nicht nur die Fans häufig mit den Zebras. Unterirdisch schwach was sich so manche Streifenhörnchen leisteten. Bad Nauheim wurde frühzeitig wieder zum „bösen Buben“ der Liga gestempelt und Spieldauerstrafen für Allerweltsfouls waren fast an der Tagesordnung. Dazu kam eine pervers lange Liste von Verletzungen: Gogulla, Breiter und Baldys erlitten Kieferbrüche, Vogler brach sich gleich zweimal hintereinander das Nasenbein und klemmte sich anschließend einen Rückennerv ein, Kohl zog sich einen Innenbandanriss zu, der genesene Sven Breiter riss sich in Klostersee die Patellasehne an, Franz erlitt einen Bandscheibenvorfall, Eade fiel mit Jochbeinbruch aus und just als es auf die Zielgerade der Punktrunde zuging, verletzte sich Keeper Ackers an der Fanghand. Dazu kamen noch die „ganz normalen Ausfälle“ durch Grippe und andere saisonalen Krankheiten. Zeitweise standen dem EC nur 13 Feldspieler zur Verfügung. Als wäre dies nicht genug, so löste auch noch Patrick Gogulla im Dezember seinen Kontrakt. Auch er war zunächst in einer Presskonferenz als „krank“ gemeldet worden, doch stellte sich diese Krankheit als eine unüberbrückbare Meinungsverschiedenheit zwischen ihm und der Führungsetage heraus.
Natürlich kamen auch neue Spieler im Verlauf der Saison zu den Roten Teufel. Semen Glusanok, ein deutsch-
Mehrere Spieltage stand das Team auf dem ungeliebten fünften Tabellenplatz, kämpfte sich aber Punkt für Punkt an Rosenheim heran. Wie paradox Eishockey bei der aktuell gültigen Punkteregelung sein kann erlebten die Fans am drittletzten Punktspielwochenende. Eine Niederlage beim EHC Klostersee hievte die Roten Teufel freitagabends endlich auf Platz vier, doch fielen sie sonntags nach einem Sieg gegen Dortmund postwendend wieder zurück auf Platz fünf. Verrückt – aber wahr, denn beide Spiele wurden erst in der Nachspielzeit entschieden. In Grafing reichte der eine gewonnene Punkt für Platz vier, weil Rosenheim spielfrei war; zuhause waren zwei Punkte zu wenig, da die Starbulls gleichzeitig einen 3-
Am Dienstag den 16. März begann sie endlich: die Playoffrunde 2009/2010. Playoffs sind alles andere als „normale“ Spiele. Jeder Eishockey-
Doch die Ernüchterung folgte auf dem Fuße: Nur 48 Stunden später ging das Spiel in Rosenheim glatt mit 5:2 an die Oberbayern. Wahrscheinlich hatten die Schmähungen der eigenen Fans das ihrige zu dieser Wende beigetragen. Ein Plakat mit der Aufschrift: Wollt ihr uns verarschen? 7:1 -
So hoffte man im Spiel 3 sich erneut die Führung zurück zuholen. Aber auch im Sonntagsspiel ging der Schuss nach hinten los.
Ein Weckruf der Rosenheimer Fans bracht die Wende im Viertelfinal.
Fantastische Playoff-
Wiederum „chancenlos“ reiste der EC-
Eine „Best of 7“-
Es gibt im Eishockey – und gerade während der Playoffs – ungeschriebene Gesetze und das Unterlassen einer vorzeitigen Ehrenrunde gehört dazu. Was der eine als Aberglaube abtut, sieht der andere als folgenschwere Codexverletzung. Wie dem auch sei, es rächte sich bereits im Sonntagsspiel. Obwohl man einen 2:0-
Atmen wir also nach diesen aufregenden Tagen erst einmal durch und versuchen trotz der nervenzehrenden Playoffs ein objektives Resümee dieser Saison zu ziehen und darüber hinaus einen Ausblick auf die kommende Spielzeit zu wagen. „Gefühlt“ war die Saison 2009/2010 insgesamt betrachtet sicherlich weniger spektakulär als die Vorsaison. Für hochfliegende Emotionen gab es in der zweiten Hälfte der Punktrunde selten (Heim-
Zu Beginn der Runde ein häufigeres Bild als gegen Ende. Dennoch ergab sich endlich wieder einmal ein, wenn auch kleiner, Zuschauerzuwachs. 2000 Besucher beim ersten Herne-
Doch es gibt auch durchaus positive Aspekte an dieser Saison. Nach sechs Jahren kontinuierlichem Zuschauerrückgang konnte dieser vermaledeite Trend endlich gestoppt werden. Gerade zum Anfang der Saison, war das Stadion für eine Oberligapartie des Öfteren recht ordentlich gefüllt. Mit 1000 Besuchern pro Spiel hatte man kalkuliert und durfte in der Endabrechnung (ohne Playoff-
Womit wir bei einem Thema wären, dass in dieser Spielzeit heftigst diskutiert wurde. Seit dem 27. März 2010 steht fest, dass ab Herbst die Oberliga in vier Staffeln (Süd, West, Nord und Ost) antreten wird.
Die EC-
Durch die sportlichen Anstrengungen in den Playoffs wurde dieses Thema jedoch in den Hintergrund gedrängt. Wie sich die weitere Entwicklung hier abzeichnen wird, muss sich in den nächsten Wochen zeigen. Davon hängt natürlich auch die nun anstehende Teamplanung ab. Fred Carrolls Vertragsverlängerung sollte jedoch durch die Erreichung der Playoffs nur noch ein formaler Akt sein.
Dennoch gehen wohl viele Fans -
Tja, es sein denn, es käme endlich zu einer klaren Ligenzäsur von der DEL bis hinab in die Landesverbände. Nicht nur für den EC Bad Nauheim, sondern für das gesamte deutsche Eishockey könnte dies eine heilbringende Maßnahme darstellen. Ausgehend von der Frage, wie viel deutsche Clubs sich eigentlich überhaupt Profieishockey leisten wollen bzw. können, müsste eine komplett verzahnte Ligenstruktur aufgebaut werden. Eine 12 Clubs starke bundesweit DEL mit einem Absteiger, darunter eine zweigeteilte Bundesliga, ebenfalls mit jeweils 12 Vereinen in Nord-
Ein einziges Jahr könnte ausreichen dieses Konstrukt auch sportlich gerecht in Deutschland zu implementieren, brächte man nur den Mut für einen grundlegenden Umbau auf. Angesichts der Insolvenz in Kassel, der finanziell prekären Lage in Köln oder des sportlichen Niedergangs der Hamburg Freezers wäre die einmalige Ausspielung von drei DEL-
Und wer muss es ausbaden? Nun ja -
Aber zerreden wir nicht etwas, was noch gar nicht entschieden ist. Das Ziel für nächstes Jahr -
In diesem Sinne: Toi, to,i toi für das Team, die Macher des ECs und für uns Fans, dass wir auch in Zukunft attraktives Eishockey geboten bekommen.
01. April 2010
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